Skye Macpherson: „Konsument soll selbst entscheiden“

Im Agrarsektor seien viele Unternehmen günstig bewertet, sagt Fondsmanagerin Skye Macpherson.
Im Agrarsektor seien viele Unternehmen günstig bewertet, sagt Fondsmanagerin Skye Macpherson.(c) Stanislav Jenis
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Weshalb sie Gentechnik nicht kategorisch ausschließt – und warum der Agrarsektor vor einem Aufschwung stehen dürfte, erklärt Black-Rock-Fondsmanagerin Skye Macpherson.

Die Presse: Frau Macpherson, China könnte womöglich Abgaben auf US-Agrargüter als Vergeltung für die angekündigten US-Zölle einführen. Gerät der globale Lebensmittelhandel zwischen die Fronten eines Handelskriegs?

Skye Macpherson: Das würde natürlich die Preise für US-Agrargüter treffen, etwa bei Schweinefleisch oder bei Sojabohnen. Allerdings würden Chinas US-Importe deshalb nicht auf null Prozent sinken. Das genaue Ausmaß muss man aber erst noch abwarten.

Auf der Börse sah man unmittelbar die Folgen. Der Aktienkurs des US-Fleischverarbeitungskonzerns Tyson Foods, in den der BGF World Agriculture Fund investiert, gab ein gutes Stück nach. Verändert der neue Aspekt Ihren Investmentansatz?

Der Aktienkurs ist zunächst in einer ersten Reaktion gefallen. Allerdings muss man sich das Geschäftsmodell des Unternehmens genauer ansehen. Tyson Foods verdient nur einen kleinen Anteil an der Verarbeitung von Schweinefleisch, produziert selbst aber keines. Somit profitiert der Konzern sogar von sinkenden Preisen für Schweine, sie können dann günstiger für die Verarbeitung zugekauft werden. Wir lassen uns von kurzfristigen Schwankungen nicht beirren.

Sollte man überhaupt auf Lebensmittel spekulieren? Viele Menschen müssen schließlich eine Menge Einkommen dafür aufwenden.

Wir setzen ja nicht auf steigende Agrarpreise. Vielmehr investieren wir in Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette der Lebensmittelproduktion. Das können zum Beispiel Hersteller von Düngemitteln, Saatgut oder landwirtschaftlichen Maschinen sein. Da gibt es ein sehr breites Spektrum. Schließlich wächst die weltweite Bevölkerung, die Einkommen in den Schwellenländern steigen. Somit legt auch die globale Nachfrage nach Lebensmitteln zu. Diese Herausforderung muss man mit einer effizienteren Produktion meistern.

Dieser Herausforderung stellen sich viele Firmen aber schon länger. Lohnt sich für Anleger noch der Einstieg?

Die Bewertungen zahlreicher Branchenunternehmen sind im Vergleich zum MSCI Weltaktienindex derzeit extrem günstig, gemessen etwa am Kurs-Buchwert-Verhältnis. Diese Kennzahl setzt, grob gesagt, den aktuellen Aktienkurs in Relation zum Unternehmenswert. Damit dürfte der Zyklus im Agrarsektor seinen Tiefpunkt erreicht haben. Wir rechnen nun allmählich mit einer Erholung.

Gibt es dafür konkrete Anzeichen?

Die Agrarpreise dürften nicht signifikant steigen. Sie haben sich aber zumindest stabilisiert. Und das ist insofern wichtig, da die Landwirte dann wieder mehr investieren. Das kommt wiederum Unternehmen wie zum Beispiel Deere, einem Hersteller von Landwirtschaftsmaschinen, zugute. Zugleich haben zahlreiche Branchenunternehmen die günstigen Bewertungen für Übernahmen genutzt. Deere kaufte im Vorjahr etwa die deutsche Wirtgen, einen Hersteller von Baumaschinen.

Ist die wachsende Marktkonzentration letztendlich eine gesunde Entwicklung?

Durchaus. Denn damit können Unternehmen ihre Profitabilität steigern. Zudem bietet sie Anlegern neue Chancen, da wir es dann mit völlig neuen Firmenstrukturen zu tun haben. Ein Beispiel ist Nutrien aus den USA, ein Zusammenschluss aus Potasch und Agrium zu Jahresbeginn 2018. Bei dem neu entstandenen Konzern stammt nun ein Drittel des Umsatzes aus dem Geschäft mit Kali, ein weiteres Drittel aus dem Geschäft mit Stickstoff. Das letzte Drittel entfällt auf den Pflanzenschutz. Das Potenzial, das in Nutrien steckt, hat der Markt unserer Meinung zufolge aber noch nicht wirklich erkannt.

Ein besonders umstrittener Bereich im Agrarsektor ist das gentechnisch veränderte Saatgut. Hysterie oder berechtigte Sorge?

Der Fonds ist auch in den Saatguthersteller Monsanto investiert, wobei dieser seit Kurzem zum deutschen Konzern Bayer gehört. Letztendlich sollten Konsumenten selbst entscheiden dürfen, was sie essen möchten. Zudem bietet gentechnisch verändertes Saatgut eine Möglichkeit, Ernteerträge zu steigern. Natürlich gibt es auch Nachteile, etwa, wenn sich Resistenzen bilden. Aber wir schließen ein Investment in dem Bereich nicht kategorisch aus.

ZUR PERSON

Skye Macpherson ist Mitglied des Rohstoffteams bei BlackRock Alpha Strategies Group und deckt den Landwirtschaftssektor ab. Bevor Macpherson 2015 ihre Karriere bei BlackRock startete, war sie 15 Jahre lang als Aktienanalystin bei Colonial First State Asset Management tätig. Das Basiswissen eignete sich die Expertin mit einem Bachelorstudium in Agrarökonomie an der australischen University of New England an.

Hinweis: Die Besprechung von Wertpapieren und Investments auf dieser Seite ersetzt keine professionelle Beratung und ist nicht als Kaufempfehlung zu betrachten. „Die Presse“ übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwicklung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2018)

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