Banken: Das Geld wird nur langsam schneller

Bargeld ist schnell. Bei Überweisungen steigen die Banken jetzt aufs Gas.
Bargeld ist schnell. Bei Überweisungen steigen die Banken jetzt aufs Gas.(c) Bloomberg (Simon Dawson)
  • Drucken

Immer mehr Kunden in Österreich und Deutschland können Echtzeitüberweisungen machen. Aber noch ist das System lückenhaft – und die EZB bastelt an einer Alternative.

Wien. Online-Shopping, Video-Streams, Nachrichten-Apps: Wir leben in einer Echtzeitgesellschaft. Aber beim Zahlungsverkehr hinken die Banken ein bisschen hinterher. Noch immer kann eine Überweisung tagelang dauern – vor allem wenn sie über Grenzen geht. Unter dem Druck von Startups und Kryptowährungen steigen einige große europäische Institute jetzt aufs Gas.

Insgesamt 22 Banken in zwölf Ländern bieten inzwischen Echtzeit-Überweisungen an – darunter auch die österreichischen Institute Erste Group Bank und Raiffeisen Bank International (RBI) und RLB Oberösterreich. Auch die Bank Austria-Mutter UniCredit nimmt laut dem Infrastrukturanbieter EBA Clearing seit 21. November 2017 an diesem privatwirtschaftlich organisierten Projekt für Echtzeitüberweisungen teil. EBA Clearing wurde von 51 europäischen Banken gegründet.

Das System ist schon operativ und für Bankkunden verfügbar. Vereinzelt werden von den Banken für schnelle Überweisungen aber zusätzliche Gebühren verlangt, was die Attraktivität von Echtzeitüberweisungen noch schmälert. Bei der Berliner Sparkasse etwa, die das System in dieser Woche einführen will, werden je nach Kontomodell 25 bis 55 Cent pro Schnellüberweisung verlangt. Generell sei man hier noch in einem Entwicklungsprozess, sagte der Sprecher der WKÖ-Bundessparte Bank und Versicherung, Franz Rudorfer, am Montag zur APA.

Alternative von der EZB

Damit Echtzeitüberweisungen funktionierten, müsste ja auch die Gegenseite in das System eingebunden sein. Außerdem werde von der Notenbank derzeit ebenfalls an einem Modell gearbeitet.
Tatsächlich steuert Europa auf eine Zukunft zu, in der es zwei verschiedene Netze für Direktüberweisungen geben könnte. Während das private Konsortium der 51 Banken bereits aktiv ist, will die EZB bis Ende des Jahres ihr eigenes System etablieren: Target Instant Payment Settlement, kurz: TIPS. Die Notenbanken würden dafür die Infrastruktur anbieten.

Der Plan sei, die Kosten für die teilnehmenden Banken und ihre Kunden so gering wie möglich zu halten, damit auch kleinere und mittelgroße Institute an Echtzeitüberweisungen teilnehmen können. Auch hier sollen die überwiesenen Geldbeträge in wenigen Sekunden beim Empfänger eintreffen. Dieses System könnten die Banken zudem auch für ihre Liquiditätshaltung bei den Notenbanken verwenden. Rudorfer geht davon aus, dass alle mittelgroßen österreichischen Banken an diesem System teilnehmen werden.

Zwei Systeme ab 2019?

„Die Verhandlungen über das Lizenzsystem laufen noch“, so der Bankensprecher. „Wir haben in Europa spätestens mit Jahreswechsel zwei Echtzeitüberweisungssysteme für Privatkunden“, so Rudorfer. Bis die Systeme in voller Breite ausgerollt sind, dürften aber noch zwei bis vier Jahre vergehen.

Bisher ist es in der Bankenbranche üblich, Überweisungen zu sammeln und dann stapelweise abzuarbeiten. Auch Aufträge, die Kunden online einstellen, werden in der Regel erst mit Zeitverzug ausgeführt. Bei Instant Payments versprechen die Anbieter, dass das Geld binnen zehn Sekunden von einem Konto auf das andere Konto übertragen wird. Wer diese Leistung anbietet, darf auch keine Geschäfts- oder Ausfallzeiten kennen. Hier machen die Notenbanken Druck – weil sie ihr eigenes System etablieren wollen. Die Deutsche Bundesbank sagt: „Zahlungsdienstleister, die Instant-Überweisungen anbieten, müssen rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres für die Abwicklung dieser Zahlungen erreichbar sein.“ (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Frau im B�ro mit Computer Maus BLWX014423 Copyright xblickwinkel McPhotox ErwinxWodickax
Geld & Finanzen

Zwei heimische Banken bieten bereits Überweisungen in Echtzeit an

Spätestens mit Jahresende werde es zwei Echtzeitüberweisungssysteme geben, sagt ein Branchensprecher der Wirtschaftskammer.
Die Sozialausgaben dürfen nicht ins Unendliche wachsen, findet noch-Fiskalrat-Chef Bernhard Felderer.
Österreich

Bernhard Felderer: „Die Freiheit des Einzelnen nimmt ab“

Mit Bernhard Felderer geht einer der einflussreichsten liberalen Ökonomen des Landes. Mit der „Presse“ sprach er über ungebildete Politiker, den ausufernden Sozialstaat und über ein Österreich, das besser ist, als viele glauben wollen.
Österreich

Weidmann: "Deutsche Banken waren nicht nur Opfer"

Viele deutsche Institute seien hohe Risiko eingegangen, kritisiert Bundesbank-Präsident Jens Weidmann.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.