Die türkische Währung ist auf ein neues Rekordtief gefallen, nachdem sich der Präsident für niedrige Zinsen stark gemacht hat.
Kein Ende der Talfahrt der türkischen Lira in Sicht: Zinsspekulationen haben die Währung am Donnerstag auf ein neues Rekordtief gedrückt. Der Dollar lag am Vormittag 0,6 Prozent höher bei 4,8350 Lira, nachdem er zuvor bis auf 4,9767 Lira geklettert war.
Auslöser waren Händlern zufolge Aussagen zur Zinsentwicklung von Präsident Recep Tayyip Erdogan, der sich Anfang der Woche per Dekret eine stärkere Kontrolle über die Zentralbank verschafft hatte. "Wir haben viele Instrumente. Ich denke, wir werden die Zinsen in nächster Zeit fallen sehen", zitierte ihn die Zeitung "Hürriyet". "Ich bin mir sicher, nicht nur unsere staatlichen Banken, sondern auch unsere privaten Banken werden Verantwortung übernehmen, falls notwendig." Der Präsident sieht sich als "Gegner von Zinsen" und dringt seit längerem auf niedrigere Leitzinsen.
Investoren treiben die Sorgen vor einer politischen Einflussnahme auf die Zentralbank seit Monaten um. Seit Jahresbeginn hat die Lira rund 22 Prozent abgewertet. Die Zentralbank versuchte zuletzt der hohen Inflation und dem Kurssturz der Landeswährung mit Zinserhöhungen gegenzusteuern.
Finanzminister sichert Unabhängigkeit der Zentralbank zu
Indessen hat der neue türkische Finanzminister Berat Albayrak, Schwiegersohn von Staatschef Recep Tayyip Erdogan, angesichts verunsicherter Finanzmärkte versichert, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank nicht in Frage stehe. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu sagte der Ehemann von Erdogans ältester Tochter Esra, auch die "Entscheidungsmechanismen" der Zentralbank würden unabhängig erfolgen.
Die Kapazitäten der Finanzeinrichtung müssten im Interesse der Preisstabilität erweitert werden. "Grundlegende Priorität" in der kommenden Periode hat dem Minister zufolge der Kampf gegen die Inflation.
Die Teuerungsrate ist in der Türkei im Juni erstmals seit fast eineinhalb Jahrzehnten auf mehr als 15 Prozent gestiegen. Die türkische Lira büßte innerhalb eines Jahres rund 30 Prozent ihres Werts gegenüber dem Dollar ein. Zwar gelang es der Zentralbank zuletzt, mit der Anhebung des Leitzinses die Talfahrt zu stoppen, doch der Währungskurs bleibt schwankungsanfällig.
(reuters)