Der Dollar ist der Feind des Goldes

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Die Schwäche des Goldes erscheint auf den ersten Blick paradox. Auf den zweiten dann schon weniger.

„Grau, teurer Freund, ist alle Theorie“, heißt es in Goethes „Faust“. Offenbar, denn selbst beim Gold spielt – wie wir im Moment sehen – das Leben nicht so, wie es das nach den Lehrbüchern tun sollte. Seit April und seit den vorigen Hochständen um 1365 Dollar je Feinunze geht es mit den Notierungen nur noch bergab. Mitte Juli fiel die Unterstützung im Bereich von 1240 Dollar. Zum Wochenende hin waren bereits knapp 1205 Dollar erreicht, sodass das Minus seit Jahresbeginn über sieben Prozent beträgt. Zuletzt waren solche Niveaus vor eineinhalb Jahren gesehen worden. Beobachter schließen nicht aus, dass wir in absehbarer Zukunft frühere Tiefs von etwa 1123 sehen könnten. Am Freitag freilich kam es aber vorerst einmal zu einer Gegenbewegung.

Der Theorie nach müsste es ohnehin längst nach oben gehen. Ihr zufolge nämlich läuft Gold gerade in turbulenten Zeiten zur Hochform auf, da es als sicherer Hafen für Anleger gilt. Und an Turbulenzen gab es zuletzt keinen Mangel: politische Krisen in Italien etwa, mögliche Sanktionen gegen den Iran und natürlich die angedrohten, zum Teil umgesetzten Handelskonflikte seitens der USA, was auch diverse Szenarien für die globale Wirtschaftsentwicklung bereits eingetrübt hat.

Und dennoch greifen Anleger nicht zum Edelmetall. Nicht einmal die etwas höher als erwartet ausgefallene Inflationsrate in der Eurozone im Juli, die einen negativen Realzins von 2,5 Prozent ergibt, hat den Trend gestoppt. Und die spekulativen Finanzinvestoren sind inzwischen so pessimistisch, dass sie ihre Netto-Short-Positionen bei Gold zuletzt auf ein neues Rekordhoch ausgeweitet haben. Man könne die mangelnde Nachfrage nach Gold „nicht nachvollziehen“, schreibt die Commerzbank: Man sehe eine „aktuell selektive Wahrnehmung auf dem Goldmarkt“.

Was man indes zu wenig sehen will und so auch nicht erwartet hat, ist die seit Monaten laufende Erstarkung des Dollars. Gerade sie ist es, die gegen einen hohen Goldpreis spricht. Die diametralen Bewegungen beim Dollar- und Goldchart springen ins Auge. Die Investoren suchen Zuflucht beim Dollar, weil die US-Wirtschaft brummt, was für weitere Zinserhöhungen spricht. Sie werde den Zinserhöhungskurs auch fortsetzen, ließ die US-Notenbank Fed am Mittwoch wissen – gerechnet wird damit für September. Der Euro etwa, der heuer schon bei 1,25 Dollar gestanden war, fiel am Donnerstag unter 1,16 Dollar. Das alles macht Gold außerhalb des Dollarraums teuer und senkt die Nachfrage. Est

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2018)

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