Japan profitiert vom Handelskonflikt

ie Wiederwahl von Shinz¯o Abe als Chef der Regierungspartei bringt Stabilität – für die Analysten ist das ein positives Signal.
ie Wiederwahl von Shinz¯o Abe als Chef der Regierungspartei bringt Stabilität – für die Analysten ist das ein positives Signal.REUTERS
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Ein Blick nach Nippon kann sich lohnen: Die Börse Tokio ist günstig bewertet, die Unternehmensgewinne steigen. Und jetzt ist auch noch China um eine Annäherung bemüht.

Wien. Es könnte ein kleiner Lichtblick sein, wenn im November beim G20-Gipfel US-Präsident Donald Trump und sein chinesischer Amtskollege, Xi Jinping, zusammentreffen. Experten halten eine Annäherung im Handelsstreit immerhin für möglich. Und das wäre nicht nur für die Realwirtschaft positiv: Auch zahlreiche Aktienmärkte leiden unter dem Disput und könnten gute Nachrichten dringend brauchen.

Vor allem Chinas Börse wurde hart getroffen, dieser Aktienmarkt ist im globalen Ranking unlängst auf den dritten Platz abgerutscht. Die zweitgrößte Börse liegt nunmehr in Japan, die USA belegen Platz eins. Auch Tokios Börse blieb freilich von den Turbulenzen nicht verschont: Der aufkeimende Protektionismus belastete etwa Exportwerte, erklärt Richard Kaye, Ko-Portfoliomanager des Comgest Growth Japan. Auch mehrere verheerende Taifune und nicht zuletzt die Unsicherheiten rund um die Wiederwahl Shinzō Abes als Vorsitzender der Regierungspartei LDP sorgten für Turbulenzen.

Annäherung China/Japan

Weshalb sollten Anleger dann aber überhaupt einen Blick auf Nippons Börse wagen? Dazu liefert Invesco-Fondsmanager Tadao Minaguchi gute Gründe: Aufgrund des Handelsstreits mit den USA nähere sich China verstärkt Japan an. Ein nicht unwesentlicher Vorgang. Denn Japans Unternehmen liefern zum Beispiel jede Menge Roboter und entsprechende Komponenten nach China. Gute Wirtschaftsbeziehungen seien jedenfalls eine wichtige Grundlage, betont Minaguchi.

Auch im Inland gebe es positive Veränderungen, der Sieg Abes bei der Parteiwahl sorge für politische Stabilität, betont Minaguchi. Und die Wirtschaft brummt, wenn auch nicht in dem hohen Tempo wie vor wenigen Jahren. Exporte tragen im Übrigen nur rund 16 Prozent zum BIP bei – ein relativ bescheidener Anteil. Dieser Bereich wird aber oftmals überschätzt, weshalb ein steigender Yen, der Ausfuhren verteuert, viele internationale Anleger rasch verschreckt. Sie befürchten dann gröbere Einbußen für Nippons Unternehmenslandschaft.

Viel wichtiger ist die Zunahme der Unternehmensinvestitionen im Inland. Viele Firmen sitzen auf einer Menge Cash, wobei das Horten allmählich endet: „Japans Unternehmen agieren zunehmend marktwirtschaftlich und achten auf ihre Kapitalrendite“, erklärt Minaguchi. Auch würden Dividendenausschüttungen zunehmen, genauso wie der Rückkauf eigener Aktien. Die Unternehmensgewinne steigen ebenso, was auf der Börse laut Experten aber noch nicht voll wahrgenommen werde. Denn das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 etwa vom Leitindex Topix ist historisch niedrig. Das bedeutet: Unternehmensgewinne steigen schneller als die Aktienkurse.

Elektronikbranche, Industrie

Bei ihren Investments gehen die Fondsmanager unterschiedlich vor. Ein Drittel des Vermögens entfällt im Invesco-Fonds auf die Informationstechnologie. Das können Softwareunternehmen sein, die sich mit Cyber-Sicherheit befassen. Oder solche, die Videospiele programmieren, die auch auf Handys gespielt werden, wie es Square Enix macht. Hoya, ein Hersteller von optischen Linsen für LCD-Projektoren, sowie Yokogawa Electric sind ebenfalls Teile des Fonds. Die letztere Firma stellt Geräte für Produktionsautomatisierungen her.

Im Fidelity-Fonds machen Firmen aus der Elektronikbranche den größten Anteil aus, obwohl mit Tokio Marine und Sumitomo Mitsui Financial zwei Finanzwerte die größten Einzelpositionen sind. Bei Comgest wird der Industriesektor sehr hoch gewichtet, etwa mit Nissan Chemical. Finanzwerte erhalten mit 1,9 Prozent derzeit eine sehr geringe Gewichtung.

Ungeachtet der positiven Entwicklungen müssen sich Anleger allerdings weiterhin der Risken bewusst sein. Weitere Turbulenzen können trotz allem nicht ausgeschlossen werden. Vor allem dann nicht, wenn der Handelskonflikt eskalieren sollte.

Hinweis: Die Besprechung von Wertpapieren und Investments auf dieser Seite ersetzt keine professionelle Beratung und ist nicht als Kaufempfehlung zu betrachten. „Die Presse“ übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwicklung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2018)

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