Wie man die Angst an der Börse misst

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Symbolbild. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Markt hat diverse Methoden, sich selbst in die Psyche zu blicken. Wirklich schön sieht es dort derzeit nicht aus.

Von der Euphorie zur Angst ist es oft nur ein Schritt. Und da das Geschehen an der Börse als Herdenphänomen immer Trendcharakter hat, gehen die meisten diesen Schritt auch mit. Anfang Oktober fand die Wende statt. Und obwohl auf die anfängliche Panik eine leichte Entspannung gefolgt ist, bleibt die neue Furchtatmosphäre doch vorerst bestehen.

Der Markt kann das Ausmaß dieser Emotion durchaus messen und sich so gewissermaßen selbst in die Psyche blicken. Die gängigste Methode dafür ist der Volatilitätsindex VIX, der – auch Angstbarometer genannt – von der Terminbörse in Chicago errechnet wird. Auf Basis der Optionspreise für die im Leitindex S&P 500 erfassten Aktien von US-Firmen werden die erwarteten Kursschwankungen in den kommenden 30 Tagen eruiert. Als Grundregel gilt: Bleibt der VIX niedrig, ist bei den Anlegern alles im grünen Bereich. Steigt er jedoch an, erwarten die Börsianer stärkere Kursschwankungen – und die Aktien fallen.

Im ersten Oktoberdrittel nun ist der VIX von zuvor unter zwölf auf 25 Punkte hochgeschnellt, ehe er nach Tagen wieder unter 18 Punkte gesunken ist. Zum Wochenende hin lag er dann knapp unter 20 Punkten. Auf dem Markt herrscht also Furcht, obwohl diese nicht vergleichbar mit dem Minibörsencrash von Anfang Februar ist, als der VIX im Tagesverlauf auf bis zu 50 Punkte hochgeschnellt ist (der prozentuell steilste Anstieg seiner Geschichte).

Dass der Index auch manipuliert werden könnte, hat die Börse in Chicago stets dementiert. Nicht von der Hand zu weisen aber ist, dass er die Stimmung nicht nur misst, sondern auch beeinflussen kann. Und dass er – Barometer der gegenwärtigen Angst – nicht automatisch als Frühindikator für künftige Entwicklungen taugen muss.

Ein weiterer Stimmungsmesser ist übrigens der vom Nachrichtendienst CNN erstellte Fear & Greed Index (Angst-Gier-Index), der auf sieben Indikatoren basiert: Darunter übrigens auch der VIX oder etwa das Verhältnis von Call- und Put-Optionen. In seinem Spektrum von null bis 100 ist er im Oktober zwischenzeitlich von 73 (gierig) auf extrem ängstliche fünf Punkte gefallen. Am Freitag ist er immerhin bei – immer noch sehr ängstlichen – 14 gelegen.

Nochmals: Die Barometer sind Momentaufnahmen – über die Zukunft sagen sie nur bedingt etwas aus. Übrigens hat Starinvestor Warren Buffett geraten, gierig zu sein, wenn andere ängstlich sind, und umgekehrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2018)

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