Bei Thyssen glänzt nur der Stahl

Thyssen-Boss Guido Kerkhoff steht der harte Jobs ins Gesicht geschrieben.
Thyssen-Boss Guido Kerkhoff steht der harte Jobs ins Gesicht geschrieben.REUTERS
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Just das Stahlgeschäft, das ThyssenKrupp abspalten und mit Tata fusionieren will, bringt satte Gewinne. Der Plan belastet den Konzern mit einem dreistelligen Millionenbetrag.

Essen. Es gibt keine bessere Bezeichnung als „Stahlbad“ für das, was der erst wenige Wochen amtierende ThyssenKrupp-Chef Guido Kerkhoff seit seinem Amtsantritt nach dem überraschenden Abgang von Langzeitboss Heinrich Hiesinger erlebt. Bereits zweimal musste Kerkhoff die Prognose nach unten korrigieren. Ein nicht gerade optimaler Einstieg für den Manager, der zuvor als Finanzvorstand werkte und jetzt vor der schwierigen Aufgabe steht, den einstigen deutschen Paradekonzern wieder zur alten Stärke zu führen.

Am Mittwoch bei der Bilanzpräsentation für das Geschäftsjahr 2017/18 wurde klar, was Analysten prognostiziert hatten: Der Konzern verfehlte auch die gesenkten Ziele. Was besonders schwer wiegt: Just die Stahlsparte, die abgespalten und über ein Joint Venture mit der indisch-britischen Tata Steel fusioniert werden soll, ist der einzige Bereich, der zugelegt hat. Das Betriebsergebnis (Ebit) stieg um 28 Prozent auf 687 Mio. Euro.

Das war's dann schon: „Rückgang“ – dieser Begriff dominiert im Geschäftsbericht: Sowohl die einst als Perle geltende Aufzugssparte, das Komponentengeschäft sowie der Anlagen- und Schiffbau verloren an Ertragskraft. Die Sparte Industrial Solutions mit dem Anlagenbau und dem Marinegeschäft machte einen Verlust von 255 Mio. Euro. Dazu kamen noch Sonderposten in Form von Rückstellungen wegen eines Kartellverfahrens im Stahlgeschäft und Belastungen durch den Ausstieg aus den Stahlaktivitäten in Amerika. Der Nettogewinn sackte daher um 80 Prozent auf 60 Mio. Euro ab. Nach Anteilen Dritter verdiente ThyssenKrupp gerade noch acht Mio. Euro.

Dennoch hält Kerkhoff die Dividende unverändert bei 15 Cent – ein geringer Trost für die Aktionäre, die heuer schon einen Wertverlust ihrer Papiere von gut 20 Prozent verkraften mussten. Wobei sich der Absturz im Jahresverlauf aufgrund des Tauziehens um die Stahlsparte und den Umbau der Konzernführung beschleunigte. Hiesinger hatte – auch auf Druck des aktivistischen Investors Cevian – im Juli den Hut genommen. Wenig später folgte Aufsichtsratspräsident Ulrich Lehner.

Am Mittwoch fingen sich die Titel nach einer Achterbahnfahrt zur Eröffnung ein wenig.

Streit um neuen Aufsichtsrat

Die Querelen in der Führung sind aber noch nicht ausgestanden: Der Aufsichtsrat konnte sich nicht auf die Berufung des Daimler-Finanzchefs Bodo Uebber einigen. Er soll eine Erhöhung der Bezüge für die Aufsichtsräte gefordert haben und damit auf Widerstand bei den Arbeitnehmervertretern gestoßen sein. Uebber soll auf Wunsch der Kapitalseite, darunter auch der Krupp-Stiftung, dem derzeitigen Aufsichtsratschef, Bernhard Pellens, nachfolgen.

Kerkhoff buhlt indes um das Vertrauen bei den frustrierten Investoren. „Wir bekennen uns klar zu unseren bestehenden Performance-Zielen. Mit den Geschäftsbereichen sind Maßnahmen vereinbart, um diese zu erreichen“, kündigte er an. Im fortgeführten Geschäft peilt er im Geschäftsjahr 2018/19 eine Steigerung des um Sondereffekte bereinigten Ebit von 706 auf über eine Milliarde Euro an. Auch dieses Ziel liegt unter den Erwartungen der Analysten.

Am Stahl-Joint-Venture und der damit verbundenen Spaltung des Konzerns hält Kerkhoff fest. Sie reduziere die Komplexität und erlaube es beiden Unternehmen, unabhängiger, schneller und zielgerichteter auf Kunden und Märkte zu reagieren und Investoren mit unterschiedlicher Ausrichtung anzusprechen, betonte er. Allerdings wird die Spaltung das Ergebnis mit einem höheren dreistelligen Millionenbetrag belasten. Mit einem Wort: Ob ThyssenKrupp 2018/19 Gewinne schreibt, ist fraglich. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2018)

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Wenn Konzernchef Guido Kerkhoff morgen, Mittwoch, die Bilanz 2017/18 präsentiert, gibt es für Aktionäre und Mitarbeiter wenig Anlass zur Freude. Der einstige deutsche Paradekonzern hat viele Problemfelder, die Aktie ist seit Monaten auf Talfahrt.

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