Die Belegschaft von Lenzing, Amag und Semperit protestiert gegen den Übernahmeplan von Investor Tojner. Die Landeschefs Stelzer und Mikl-Leitner sollen sie unterstützen.
Wien. Sie sind seit Jahren in Privatbesitz, zählen zu den Schwergewichten an der Wiener Börse und haben jeweils einen starken österreichischen Mehrheitsaktionär – die einst von der Bank Austria gegründete, inzwischen unabhängige B&C-Stiftung: der Weltmarktführer bei Viskosefasern, Lenzing, der Aluminiumspezialist Amag und der Kautschukverarbeiter Semperit.
Und dennoch: Jetzt, da eine feindliche Übernahme droht – durch den Investor Michael Tojner – rufen die Betriebsräte der drei Konzerne die Politik zu Hilfe. Sie haben in den vergangenen Tagen Tausende Unterschriften der Beschäftigten gegen Tojners Plan, die B&C-Stiftung unter seine Kontrolle zu bringen, gesammelt. Dieser Protest und ein „Treueschwur“ auf die B&C geht nun per Brief an „ihre“ Landeshauptleute.
Die Amag habe bereits einen Brief mit etwa 1000 Unterschriften an Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer (ÖVP) geschickt, berichten die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Bei Semperit und Lenzing werden noch Unterschriften gesammelt, die Briefe sollen nächste Woche abgehen.
Adressat bei der Amag und bei Lenzing ist Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), für die Semperit soll sich Landeschefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) starkmachen.
Leitbetriebe mit 5000 Jobs
Wie lässt sich ein Eingriff der Politik in die Privatwirtschaft argumentieren? „Das wollen wir nicht, und es soll auch so nicht geschehen“, sagt Lenzing-Zentralbetriebsrat Johann Schernberger zur „Presse“. Es gehe vielmehr darum, das Bewusstsein für die anspannte Situation zu wecken. „Die B&C hat sich bei uns seit nunmehr 18 Jahren als sehr guter Investor erwiesen, der gute und weniger gute Zeiten mitgetragen, die Expansion unterstützt und so zur Sicherung Tausender Arbeitsplätze beigetragen hat.“ Lenzing sei der größte Arbeitgeber in der Region und einer der oberösterreichischen Paradebetriebe – das könne auch die Politik nicht aufs Spiel setzen.
Ähnlich tönt es aus den anderen Konzernen. Der Amag-Betriebsrat fürchtet, dass mit Tojner „all unsere Bemühungen zur Positionierung als unabhängiger Leitbetrieb mit einem klaren Bekenntnis zum Standort Oberösterreich zunichtegemacht werden“, zitieren die „OÖN“ aus dem Brief. Alle drei Unternehmen beschäftigten in Österreich 5000 Mitarbeiter.
Aber nicht nur der Weg der Belegschaftsvertreter ist ungewöhnlich. Das Ansinnen Tojners entbehrt nicht einer gewissen Kühnheit: Er will mit Investoren die B&C-Stiftung übernehmen und bietet der UniCredit 100 Mio. Euro.
Das ist laut Stiftungsvorstand Wolfgang Hofer, der Tojners Plan als feindliche Übernahme einstuft, nicht möglich: Die UniCredit hat keine Rechte und keinen Einfluss mehr auf die B&C. Diese hat 2008 der UniCredit 1,2 Mrd. Euro gezahlt, im Gegenzug hat die Bank auf alle Rechte verzichtet. Die Bank könne daher die Rechte nicht noch einmal verkaufen, so Hofer.
UniCredit hat zwar in der Stiftung die Letztbegünstigtenstellung, deren Ansprüche werden aber erst im Fall der Auflösung der Stiftung schlagend. Das kann nur der Stiftungsvorstand entscheiden. Ein langwieriger Rechtsstreit ist programmiert.
Sollte Tojner die Übernahme schaffen, dürfte er weit mehr als 100 Mio. Euro auf den Tisch legen müssen. Denn der Kontrollwechsel würde ein Pflichtangebot für die drei Konzerne auslösen, sagen Experten. Möglicherweise spekuliert Tojner darauf, dass alle drei Unternehmen heuer massive Kursverluste erlitten haben. Dennoch sind sie noch 3,7 Mrd. Euro wert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2018)