Kommt es zwischen den USA und China in den kommenden Wochen zu der erhofften wirtschaftlichen Annäherung, könnten Chinas Aktienmärkte davon deutlich profitieren.
Wien. Die Neujahrsbotschaft, die Chinas Präsident, Xi Jinping, seinem US-Amtskollegen, Donald Trump, am 1. Jänner schickte, war deutlich: Inmitten des schwelenden Handelskriegs betonte Xi die Notwendigkeit für Gespräche, um weitere Eskalationen zu verhindern.
Vergangenen Dezember hat Trump beim Wirtschaftsgipfel der G20-Staaten auf die Einführung neuer Zölle vorerst verzichtet. Wirklich spannend könnten aber die nächsten Wochen werden: Anfang kommender Woche möchte eine US-Handelsdelegation nach Peking reisen. Sie lässt sich von der jüngsten Warnung des US-Außenministeriums, China-Reisen zu meiden, nicht beirren. Ein Abkommen zwischen den zwei Großmächten soll ausgehandelt und der Handelskrieg damit beenden werden.
Das dürfte weitreichende Folgen haben: Ein Durchbruch wäre das wohl bedeutendste wirtschaftliche Ereignis in diesem Jahr, findet Goldman-Sachs-Ökonom Andrew Tilton. Chinas Wirtschaftswachstum könnte dann wieder angekurbelt werden. Derzeit rechnet man bei Goldman Sachs mit einem Plus von 6,2 Prozent für 2019 – das wäre ein erneuter Rückgang gegenüber den Vorjahren. Allerdings liegen die Ursachen nicht nur im Handelskrieg. Ein Teil ist auf die Reformbemühungen der Regierung zurückzuführen. Sie versucht, den rasanten Schuldenzuwachs gezielt einzudämmen, die Produktion höherwertiger Güter zu forcieren, aber auch, den Binnenkonsum zu stärken.
Börsen hoffen auf Trendwende
Anlegern winken bei einem positiven Verlauf der Gespräche ebenfalls interessante Chancen, denn Chinas Börsen dürfte das eine willkommene Trendwende bescheren. 2018 mussten die Festlandbörsen in Shanghai und Shenzhen aufgrund des Handelskriegs herbe Verluste einstecken.
An diesen beiden Märkten notieren sogenannte A-Aktien, die von chinesischen Unternehmen mit Sitz auf dem Festland in der Landeswährung, Renminbi, begeben werden. Die Analysten bei Goldman Sachs trauen heuer dem CSI 300 (China Securities Index), der die größten A-Aktien umfasst, ein Plus von knapp 15 Prozent zu. Die größte Gewichtung im Index entfällt auf den Finanzsektor (36 Prozent), etwa mit dem Versicherer Ping An Insurance, gefolgt von Gebrauchsgüterproduzenten und Industriefirmen.
Es gibt aber noch weitere Entwicklungen, die für Unterstützung sorgen dürften, hält man bei Morgan Stanley fest. Vor gut einem halben Jahr wurden die A-Aktien in den MSCI Emerging Markets Index inkludiert, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Finanzwelt. Denn diese Aktien müssen nun auch in Investmentprodukte, die den MSCI-Index abbilden, aufgenommen werden. Bei aktiven Vermögensverwaltern stehen die A-Aktien deshalb ebenfalls zunehmend im Fokus.
Finanzbranche im Fokus
Risikobewusste Anleger können mit einem Fonds auf die Entwicklung der A-Aktien setzen. Jerry Guo, Fondsmanager des Harvest China A Shares Equity Fund, setzt vor allem auf die Finanzbranche, hat aber – etwa mit Livzon Pharmaceutical Group – auch den Gesundheitssektor im Fokus. Im Allianz-China-A-Shares-Portfolio entfällt ebenfalls ein großer Teil auf Banken- und Versicherungswerte. Einen weiteren Anteil am Fondsvolumen nehmen Industriefirmen wie Jiangsu Hengli Hydraulic oder Shanghai International Air ein.
Mit einem börsenotierten Indexfonds, einem ETF (Exchange Traded Fund), kann man aber auch auf den CSI 300 Index setzen, ohne dass ein Fondsmanager aktive Entscheidungen trifft.
Anleger, die in chinesische Aktien investieren, müssen allerdings größere Rückschläge verkraften können – etwa, wenn die bevorstehenden Gespräche ergebnislos verlaufen sollten. Chinas jüngstes Säbelrasseln rund um Taiwan (siehe Bericht, Seite 12) könnte die Märkte ebenfalls verunsichern – obwohl der Disput nicht neu ist. Zudem muss man bei einem China-Investment immer auch das Währungsrisiko beachten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2019)