Womit Europas Staatsanleihen locken

Italien produziert nicht nur viel Parmesan. Auch die Staatsanleihen werfen vergleichsweise hohe Renditen ab.
Italien produziert nicht nur viel Parmesan. Auch die Staatsanleihen werfen vergleichsweise hohe Renditen ab.REUTERS
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Die Turbulenzen an den Börsen nehmen zu, während die EZB wohl noch nicht so rasch die Zinsen anheben wird. Damit spricht einiges für Europas Staatsanleihen.

Wien. Im vergangenen Jahr konnten Anleger ihr Geld nicht einmal in Europas Markt für Staatsanleihen in Ruhe parken. Bis auf besonders sichere Bundesanleihen, etwa aus Österreich oder Deutschland, beendete die Anlageklasse das Jahr mit einem Minus. Für die Entwicklung gibt es mehrere Gründe, betont Erste-Fondsmanager Herbert Steindorfer.

In Italien etwa drohte ein veritables Finanzdebakel, als der Budgetstreit zwischen der neuen Regierung und der EU-Kommission zunehmend eskalierte. Dabei mussten sich die Brüsseler Beamten auch noch den endlosen Brexit-Debatten widmen. Dass UK-Premierministerin Theresa May vergangenen Mittwoch das Misstrauensvotum gewinnen konnte, brachte hier zuletzt ein wenig Entspannung.

Zu guter Letzt wuchs in Europa auch noch die Sorge über die nahende Zinswende. Steigende Zinsen sind für bestehende Bonds keine guten Nachrichten. Die Papiere sind dann geringer verzinst als jene Anleihen, die erst nach der Anhebung begeben werden. Doch jetzt findet Karen Ward, Chefmarktstrategin bei JP Morgan Asset Management wieder Gründe für den Einstieg bei europäischen Staatsanleihen, schon allein, da die Turbulenzen auf den Aktienmärkten anhalten dürften. Verunsicherte Anleger könnten zumindest einen Teil ihres Vermögens in einen stabileren Hafen investieren, meint die Marktexpertin.

Vorsichtigere Zinsprognosen

Immerhin gibt es seit Ende 2018 eine Kompromisslösung im Budgetstreit zwischen Rom und Brüssel. Dass nun in Frankreich die Schulden weiter anwachsen könnten, macht Ward weniger Sorgen, obwohl man die Entwicklungen gut im Auge behalten müsse – denn Präsident Emmanuel Macron zeigt sich angesichts der anhaltenden Proteste der Gelbwesten nun doch zu Zugeständnissen bereit.

Allerdings sei die Lage dort nicht vergleichbar mit Italien, findet Ward: „Dort wurde zusätzlich eine Diskussion um einen möglichen Euroaustritt entfacht, was Anleger stark verunsicherte.“ Eine Debatte wie diese erwartet sie in Frankreich nicht.

Inzwischen fallen anscheinend auch die Prognosen zu den weiteren Zinsschritten vorsichtiger aus. 2019 dürfte die EZB den Leitsatz nun doch nicht anheben. Dazu müsste die Arbeitslosenrate in Europa noch weiter sinken, und die Löhne müssten kräftiger anziehen, meint Ward. Für die Rentenmärkte sind das gute Nachrichten. Denn dann geraten bestehende Bonds nicht unter Druck.

Chancen für Peripherieländer

Doch wie gehen die Experten vor? Steindorfer setzt im S-Waldviertel-Bond-Fonds vor allem auf länger laufende Anleihen, wobei Pfandbriefe und Bankanleihen beigemischt werden können. Damit lassen sich ein wenig höhere Renditen als bei Staatsanleihen mit sehr kurzer Laufzeit lukrieren.

Doch während die Kurse bei Emittenten mit erstklassiger Bonität schon ein gutes Stück gestiegen sind, könnten sich die Staatsanleihen aus den Peripherieländern gut entwickeln, meint Steindorfer. Freilich nur, sofern es keine neue Krise gibt.

Bandbreite bei Renditen

Mit dieser Meinung steht der Experte nicht allein da. Claus Meyer-Cording, Fondsmanager des DWS Invest Euro-Government Bond, hat etwa italienische Staatsanleihen mit einer Gewichtung von fast 45Prozent besonders hoch gewichtet, auch wenn die Position zuletzt verkleinert wurde. Tatsächlich beträgt aktuell die Rendite etwa bei zehnjährigen italienischen Staatsanleihen rund 2,8 Prozent. Bei vergleichbaren deutschen Papieren liegt sie derzeit bei rund 0,2 Prozent. Und im JP Morgan EU Government Bond Fund kommen sogar UK-Bonds theoretisch infrage.

Aber auch wenn einiges für europäische Bonds spricht, können künftige Verluste auf Europas Rentenmärkten nicht ausgeschlossen werden. Deshalb sollten Anleger auch hier nur einen Teil ihres Vermögens investieren.

Hinweis: Die Besprechung von Wertpapieren und Investments auf dieser Seite ersetzt keine professionelle Beratung und ist nicht als Kaufempfehlung zu betrachten. „Die Presse“ übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwicklung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2019)

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