Die Schweizer Notenbank verschiebt Zinswende

SNB-Chef Jordan bleibt bei Negativzinsen
SNB-Chef Jordan bleibt bei NegativzinsenREUTERS
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In der Schweiz ist vorerst kein Ende der rekordtiefen Negativzinsen in Sicht.

Auch die Schweizer Notenbank (SNB) schiebt den Ausstieg aus ihrem geldpolitischen Krisenmodus hinaus. Ähnlich wie die Europäische Zentralbank (EZB) gab SNB-Chef Thomas Jordan am Donnerstag zu verstehen, dass die Leitzinsen "auf absehbare Zeit" negativ bleiben dürften. Sie liegen bereits seit gut vier Jahren bei rund minus 0,75 Prozent und gehören damit zu den tiefsten weltweit.

Grund für die Zurückhaltung seien politische Unsicherheiten wie die von den USA angefachten Handelskonflikte und der Brexit, sagte Jordan im Schweizer SRF-Hörfunk. "All das sind Störfaktoren, die plötzlich wieder Sand ins Getriebe werfen können und so unter Umständen das Wachstum der Weltwirtschaft verlangsamen und eine Rezession auslösen könnten."

Die Schweizer Nationalbank befindet sich mit ihrer abwartenden Haltung in guter Gesellschaft: Auch die EZB hatte eine Abkehr von ihrer Nullzinspolitik zuletzt verschoben. Und am Mittwoch kündigte die US-Notenbank Federal Reserve nach neun Zinserhöhungen in drei Jahren eine Pause an und will im laufenden Jahr auf weitere Anhebungen verzichten.

"Wenn man die neuesten Entwicklungen in Amerika ansieht, wenn man die Signale aus Europa anschaut, auch aus Japan, dann spricht alles dafür, dass die Normalisierung der Geldpolitik in die Zukunft verschoben worden ist", sagte Jordan im SRF.

Damit gibt es auch für die Schweizer Währungshüter keinen Grund, vorzupreschen: Denn sie wollen die Zinsen stets tiefer halten als im Euroraum. Bei einer vorschnellen Zinserhöhung fürchten sie, dass der Franken rasch an Wert gewinnen und damit die heimische Wirtschaft belasten könnte. Das wollen sie jedoch verhindern und versuchen stattdessen, die aus ihrer Sicht "hoch bewertete" Währung zu schwächen. Dafür setzen sie neben Negativzinsen auch auf Eingriffe am Devisenmarkt, bei denen die SNB mit selbstgedruckten Franken andere Währungen wie Euro oder Dollar kauft. Im vergangenen Jahr war das kaum noch nötig: Die Devisenkäufe schrumpften auf 2,3 nach 48,2 Milliarden Franken (42,5 Mrd. Euro) im Jahr davor.

"Jede Zinserhöhung vom Tisch"

Experten rechnen frühestens im kommenden Jahr mit einer Zinsanhebung in der Schweiz. "Jede Zinserhöhung im Jahr 2019 ist nun vom Tisch, und es besteht ein erhebliches Risiko, dass die SNB die Zinsen im Lauf des Jahres 2020 unverändert hält", erklärte Credit-Suisse-Experte Maxime Botteron. Eine weitere Zinssenkung halten die Analysten jedoch ebenso für unwahrscheinlich. Die Negativzinsen stehen in der Schweiz zunehmend in der Kritik weil sie auf Pensionsfonds und Sparern lasten und zu Blasen am Immobilienmarkt führen könnten.

Ein weiterer Anhaltspunkt für die absehbar tiefen Zinsen in der Schweiz ist die deutlich nach unten korrigierte Inflationsprognose der SNB: Sie erwartet nun selbst zum Ende ihres Prognosezeitraums im vierten Quartal 2021 eine Inflation von lediglich 1,5 Prozent. Zuvor waren die Währungshüter für das dritte Quartal 2021 von einem Wert von 1,9 Prozent ausgegangen. Damit besteht wohl auch mittelfristig kaum Handlungsbedarf für die SNB, die eine Inflation zwischen null und zwei Prozent anpeilt.

(APA/Reuters)

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