„Rational betrachtet, ist jeder Sparer dumm“

Die Bevölkerung dürfe sich nicht von der Börse fernhalten, so Rasinger.
Die Bevölkerung dürfe sich nicht von der Börse fernhalten, so Rasinger.(c) Clemens Fabry
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Anlegervertreter Wilhelm Rasinger will ein Comeback der Spekulationsfrist, um mehr Leute an die Börse zu holen.

Wien. Der Österreicher an und für sich bleibt ein „Aktienmuffel“, wie der Präsident des Interessenverbands für Anleger (IVA), Wilhelm Rasinger, am Montag sagte. Nur rund fünf Prozent der Menschen seien hierzulande auf dem Markt investiert – verglichen mit 19 Prozent in Schweden, 20 Prozent in der Schweiz und sogar 30 Prozent in den Niederlanden. Die Deutschen stehen mit sechs Prozent kaum besser da als die Österreicher. Kein guter Zustand, so Rasinger.

Denn: „Rational betrachtet, ist jeder Sparer dumm, denn er verliert real zwei Prozent pro Jahr. Er müsste, jeder müsste konservative Dividendenwerte nehmen, bei denen er vier bis fünf Prozent hat.“ Aber das werde auch durch den Gesetzgeber erschwert, etwa wegen der Kapitalertragsteuer. Hier wünscht Rasinger sich ein Comeback der Spekulationsfrist.

Bevölkerung soll anlegen

Nach fünf Jahren soll ein Buy-and-hold-Investment in Wertpapiere steuerfrei sein. Früher war dies sogar nach einem Jahr der Fall. Aber im Zuge der Finanzkrise hat die Regierung von Werner Faymann (SPÖ) die Lage für Anleger massiv verschlechtert. Hier gehöre die Zeit zurückgedreht, so die Anlegervertreter. „Unbedingt notwendig“ sei auch eine Angleichung der KESt für Sparbücher (derzeit bei 25 Prozent) und Anleger (derzeit bei 27,5 Prozent).

„Es darf nicht so sein, dass sich die breite Bevölkerung vom Kapitalmarkt, von der Börse absentiert“, findet Rasinger. Laut Oesterreichischer Nationalbank horten die Privathaushalte hierzulande 42 Prozent ihres Gesamtvermögens von 655 Mrd. Euro in Bargeld oder auf kaum verzinsten Sparbüchern.

Bausparen ist ebenfalls sehr beliebt. Hier hielte es der IVA-Chef im Hinblick auf den staatlich geförderten Anteil für sinnvoll, „den Betrag, den man einzahlen kann, wesentlich zu erweitern“. Neben einer Erhöhung der maximalen Einzahlungsbeträge ist er für eine KESt-Befreiung der Zinserträge anstelle einer geringen Prämie. Diese Maßnahme finanziere sich selbst und spare Verwaltungskosten.

Reform der Vorsorge

Auch die steuerbegünstigte Zukunftsvorsorge wäre zu reformieren: Der IVA ist für „eine Variante ohne kostenintensive Gebühren“. Mit Auszahlungen erst ab Pensionsantritt wären weniger Förderungen nötig. Derzeit entstünden „hohe Kosten“. „Es ist notwendig, das Produkt so umzubauen, dass es zu einer langfristigen Versorgung kommt“, so Rasinger. (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2019)

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