Zinstief drückt Gewinne der deutschen Banken

Deutsche Banken ziehen in ihren Planrechnungen vermehrt auch eine mögliche Weitergabe negativer Zinsen an Kunden in Betracht.

Das Zinstief wird zur Dauerbelastung für Deutschlands Banken und Sparkassen - und könnte bald auch zulasten von mehr Kunden gehen. Ein weiterer Rückgang der Gewinne der Institute in den nächsten Jahren sei "sehr wahrscheinlich", stellten die Finanzaufsicht Bafin und die Deutsche Bundesbank am Montag fest.

"Banken ziehen in ihren Planrechnungen vermehrt auch eine mögliche Weitergabe negativer Zinsen an Kunden in Betracht", erklärte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling in Frankfurt. Bisher trifft dies vor allem Geschäftskunden und vermögende Privatkunden.

Geschäftsbanken müssen inzwischen 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Obwohl die EZB einen Teil der Gelder über Freibeträge vom Strafzins verschont, bleibt dies eine Milliardenbelastung. Die Wende hin zu steigenden Zinsen hat die EZB auf unbestimmte Zeit verschoben.

Deutschlands Bankenaufseher befragten von April bis Anfang Juni 1412 Banken und Sparkassen zu Ertragskraft und Widerstandsfähigkeit im Niedrigzinsumfeld - all jene, die direkt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und Bundesbank beaufsichtigt werden. Das sind 89 Prozent der deutschen Kreditinstitute, gemessen an der Bilanzsumme stehen sie für 38 Prozent des deutschen Marktes.

Die Institute mussten beantworten, wie ihre Pläne und Prognosen auf fünf Zinsszenarien für den Zeitraum 2019 bis 2023 reagieren würden. In einem Stresstest simulierten sie zudem ihre Ertragslage für 2019 bis 2021 - unter anderem bei erheblicher Wirtschaftseintrübung.

"Der Stresstest 2019 hat unsere Einschätzung bestätigt, dass die Niedrigzinsphase eine erhebliche Herausforderung für die Banken darstellt", sagte der für die Bankenaufsicht zuständige Bafin-Exekutivdirektor Raimund Röseler. Im Stress-Szenario verschlechtere sich die harte Kernkapitalquote um 3,5 Prozentpunkte. "Gleichwohl sind die deutschen Institute im Durchschnitt auch im Stressfall solide kapitalisiert."

Privatbanken befürchten keine schwere Rezession

Die deutschen Privatbanken rechnen nicht mit einer schweren Rezession, die auch zu einer deutlich höheren Arbeitslosigkeit führen wird. "Die Verlangsamung der Weltwirtschaft sollte nächstes Jahr ein Ende finden", sagte Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des deutschen Bankenverbandes BdB, am Montag in Berlin.

Für dieses Jahr rechnen die Top-Ökonomen der Privatbanken mit einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent, nächstes Jahr dann mit 1,0 Prozent. Dies sei aber auch Kalendereffekten geschuldet. "Zusätzlich zum Schaltjahr liegen die Feiertage im kommenden Jahr arbeitgeberfreundlicher."

Momentan schrumpft vor allem die Industrie wegen der internationalen Handelsstreitigkeiten. Dagegen ist der private Konsum - auch wegen des stabilen Arbeitsmarktes - weiterhin robust. Die jüngste Lockerung der EZB-Geldpolitik werde nicht viel bewirken, weil die Zinsen bereits historisch niedrig seien, sagte Ossig. Wer mehr Wachstum fördern wolle, müsse steuerpolitische Anreize setzen.

(APA/Reuters/dpa)

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