Freibrief für Manager von Hedgefonds

Bernard Madoff
Bernard Madoff(c) AP (Louis Lanzano)
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Die Opfer des Betrügers Bernard Madoff haben geringe Chancen, ihr Geld zurückzubekommen: Nach Ansicht des Landesgerichts Innsbruck sind Manager von Hedgefonds bei der Wahl ihrer Investitionen "vollkommen frei".

Wien. Das soeben ergangene Urteil des Landesgerichts Innsbruck, das der „Presse" exklusiv vorliegt, wird noch für Diskussionen sorgen. Denn erstmals sagt ein österreichisches Gericht in erster Instanz, dass Hedgefonds bei der „Wahl der Investitionen vollkommen frei" sind. Die Käufer eines solchen Fonds seien „voll auf die Entscheidungen des Fondsmanagers angewiesen". Sie müssen nicht im Detail informiert werden, in welche Anlageformen wie Währungen, Aktien oder Firmen das Geld investiert wird.

Laut Gerichtsurteil bieten Hedgefonds die „Chance auf sehr hohe Renditen und tragen ein entsprechendes hohes Risiko". Wer daher einen solchen Fonds kauft, müsse auch einen Totalausfall hinnehmen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann dagegen Rechtsmittel ergreifen.

Im konkreten Fall geht es um einen Investor, der 50.000 Dollar in den von der Bank Austria initiierten Hedgefonds „Primeo Fund" angelegt hat. Der Fondsmanager von Primeo hat das Vermögen dem US-Börsenhändler Bernard Madoff anvertraut. Wie sich später herausstellte, legte der mittlerweile zu 150 Jahren Haft verurteilte US-Broker die Gelder nicht an, sondern verteilte sie ähnlich wie bei einem Pyramidenspiel immer weiter. Im Zuge der Finanzkrise flog der Skandal auf.

Bereits vor Kurzem hat die Bank Austria in erster Instanz eine Klage des Handelsgerichts Wien wegen der „Primeo Fonds" gewonnen. Während sich der damalige Richterspruch in erster Linie mit möglichen Beratungsfehlern beschäftigte, geht das jetzige Urteil viel weiter: Es ist de facto ein Freibrief für die Manager von Hedgefonds.

Für österreichische Madoff-Opfer wird es damit immer schwieriger, ihr Geld zurückzubekommen. Anlegeranwälte schätzen den Schaden allein bei den Primeo-Fonds auf 700 Mio. Euro.

Schaden geht in die Milliarden

Doch auch andere österreichische Institute waren in den Vertrieb von Madoff-Produkten involviert - wie die frühere Wiener Bank Medici. Die Erste Bank fungierte in Österreich als Repräsentant des Hedgefonds „Alpha Prime", dessen Kundengelder ebenfalls an Madoff weitergeleitet wurden. Der kolportierte Gesamtschaden über die von heimischen Banken verkauften Madoff-Papiere liegt zwischen zwei und drei Mrd. Euro.

In dem nun ergangenen Urteil wollte der Kläger den Kauf der Primeo-Fonds wegen Irrtum, Arglist und Täuschung anfechten. Denn in den Verkaufsunterlagen zum Hedgefonds habe sich kein einziger Hinweis darauf gefunden, dass die Gelder bei Madoff gelandet seien. Stattdessen wies die Bank Austria auf jährliche Traumrenditen zwischen 7,3 Prozent und 12,3 Prozent hin. Das Gericht schloss sich dieser Argumentation nicht an.

Denn der Kläger hatte das Anlegerprofil auf „R4" geändert. R4 bedeutet eine spekulative Veranlagung „bis zum Verlust des eingesetzten Kapitals, um hohe Ertragschancen durch Anleihen schlechter Bonität, Aktien und Optionsscheine zu nutzen". Dem Kläger sei bewusst gewesen, „dass allenfalls auch ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals möglich ist".

Dann setzt sich der Richter mit Hedgefonds auseinander. Zwar würden diese Strategien anwenden, „die potenzielle Verluste auf ein Minimum beschränken, doch kann es keinerlei Gewissheit bezüglich des Erfolgs dieser Strategien geben." Es sei zudem legitim, dass ein Hedgefondsmanger das Geld anderen Investmentmanagern überlässt. Der Fondsmanager habe ein „Höchstmaß an Freiheiten bezüglich der Auswahl der Investitionen". Sein Vorgehen gleiche durch das hohe Maß an Risiko einer Wette.

Anlegeranwälte geben nicht auf

Nach Meinung des Gerichts sei der Bank Austria das Verhalten von Madoff nicht zuzurechnen. Das Institut sei den Aufklärungspflichten vollinhaltlich nachgekommen. Die Informationspflichten einer Bank würden dort enden, wo nicht vorhersehbare Umstände eintreten, wie es etwa der Betrug des Herrn Madoff darstellts.

Dennoch geben die Opfer nicht auf. Ein von Anlegeranwälten in Auftrag gegebenes Gutachten sieht die „Primeo-Fonds" nicht auf den Cayman Inseln, sondern in Österreich beheimatet. Daher müsse laut Anlegervertreter Dieter Böhmdorfer letztlich die Bank Austria für die Verluste haften. Das Institut bestreitet dies.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2010)

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