Euro rutschte unter 1,20 Franken

(c) AP (Michael Probst)
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Erstmals seit Festlegung einer Kursuntergrenze des Euro zum Franken im vergangenen September fiel die Gemeinschaftswährung am Donnerstag zeitweise unter diese Marke. Ursache dürften Spekulationen gewesen sein.

Zürich/Dow Jones/Bloomberg/b. l. Eine unangenehme Nachricht für Fremdwährungskreditnehmer: Der Euro schrammt seit Tagen gefährlich an der Grenze von 1,20 Franken. Am Donnerstag fiel er vorübergehend darunter – das erste Mal seit September. Damals hatte die Schweizerische Nationalbank (SNB) angekündigt, den Euro nicht mehr unter 1,20 Franken fallen zu lassen. Gegebenenfalls werde man Euro in unbegrenzter Höhe kaufen.

Zuvor war der Euro fast auf Parität zum Franken gesunken, was den Franken-Kreditnehmern in der Eurozone, aber auch der Schweizer Exportwirtschaft zu schaffen machte. Nach der Festlegung der Untergrenze erholte sich die Gemeinschaftswährung vorübergehend.

Verbraucherpreise sinken

Am Donnerstag kostete ein Euro jedoch kurzzeitig 1,1992 Franken. Ursache dürften Spekulationen gewesen sein. Händlern zufolge bieten Tage mit geringer Handelsaktivität eine gute Gelegenheit, die Interventionsbereitschaft von Zentralbanken zu testen. Die Schweizerische Nationalbank reagierte auch prompt.

Ein Marktteilnehmer berichtete, sie kaufe Euro zum Kurs von 1,20 Franken. Die SNB kommentierte das nicht, versicherte aber ihre Bereitschaft, die Untergrenze verteidigen zu wollen. Am Nachmittag lag der Euro wieder über dem Kurs von 1,20 Franken.

Um europäische Währung in unbegrenzter Menge kaufen zu können, muss die SNB gegebenenfalls Franken drucken. Dass dadurch die Inflation angekurbelt werden könnte, macht den Schweizern vorerst keine Sorge.

Das Bundesamt für Statistik hatte kurz zuvor mitgeteilt, dass sich die deflationären Tendenzen in der Schweiz weiter verstärkt haben. Die Verbraucherpreise waren im März um ein Prozent geringer als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Im Februar hatte das Minus 0,9 Prozent betragen. Ursache für die Preisrückgänge ist fast ausschließlich die Frankenstärke: Bei inländischen Gütern stagnierten die Preise, bei ausländischen gaben sie dagegen um 3,6 Prozent nach. Bereits seit mehreren Monaten ist die Jahresinflationsrate in der Schweiz negativ.

Die SNB fürchtet, dass dieser Trend anhalten könnte. Sinken die Preise über einen längeren Zeitraum, kann das dazu führen, dass Konsumenten und Investoren auf weiter sinkende Preise warten und sich mit Ausgaben und Investitionen zurückhalten, was der Wirtschaft schwer zusetzen könnte.

Viele Beobachter glauben aber, dass die Schweiz aufgrund des steigenden Ölpreises noch heuer zu positiven Inflationsraten zurückkehren wird. Auch kommt die Wirtschaft wider Erwarten gut mit der Stärke des Franken zurecht: Im vierten Quartal des Vorjahres stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Schweiz um 0,1 Prozent, während es in vielen anderen europäischen Ländern, etwa Österreich oder Deutschland, schrumpfte. Evelyn Herrmann, Volkswirtin bei der BNP Paribas, rechnet damit, dass die Teuerungsrate im März ihren Höhepunkt erreicht hat. Sie glaubt trotzdem, dass die SNB ihr Wechselkursziel noch eine Weile verteidigen wird.

Euro im Abwärtstrend

Der Euro befindet sich seit Tagen im Abwärtstrend – auch gegenüber anderen Währungen: Am Mittwoch war die europäische Gemeinschaftswährung wegen einer enttäuschend verlaufenen Auktion spanischer Staatsanleihen zum Dollar auf den tiefsten Stand seit zwei Wochen gerutscht. Am Donnerstag ging es weiter nach unten, am Nachmittag kostete ein Euro 1,3063 Dollar. Dazu beigetragen hatte auch das Nein der US-Notenbank Fed zu einer weiteren geldpolitischen Lockerung, was den Euro unattraktiver machte.

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