Bei Mängeln hat der Mieter das Recht, weniger Miete zu bezahlen. Doch im Extremfall riskiert er eine Räumungsklage. Keinen Anspruch haben Mieter bei einem Mangel, den sie selbst verursacht haben.
Wien. Ob nun der Mieter oder der Vermieter eine kaputte Heiztherme ersetzen muss, ist noch immer nicht endgültig entschieden. Ist es jedoch im Winter kalt in der Wohnung, ist der Mieter zu einer Mietzinsminderung berechtigt, kann also weniger Miete bezahlen. Das ist auch dann der Fall, wenn es etwa durch das Fenster reinregnet oder man eine Lärm- oder Geruchsbelästigung in Kauf nehmen muss, die den ortsüblichen Rahmen sprengt.
„Die Häufigkeit von Mietzinsminderungen hat extrem zugenommen“, berichtete Mietrechtsexperte Eike Lindinger bei der Präsentation seines Buchs „Mietzinsminderung“ am Donnerstag in Wien. Der Erfindungsreichtum von Mietern sei groß, die Abwehrversuche der Vermieter seien kreativ.
Keller muss nicht beheizbar sein
Das Problem: Festzustellen, ob eine Mietminderung zulässig ist und wie hoch sie sein darf, ist gar nicht so einfach. Zahlt man zu wenig und der Vermieter kontert mit einer Räumungsklage und bekommt recht, muss man im Extremfall ausziehen. Zahlt man hingegen die Miete in voller Höhe weiter, erhält man das Geld im Nachhinein nicht so leicht zurück.
Lindinger hat Gerichtsurteile zusammengetragen und einen „Wiener Mietzinsminderungsspiegel“ erstellt, der Mietern und Vermietern Orientierung bieten soll: Demnach kann ein Mieter, wenn die Wohnung im Winter völlig unbeheizbar ist, bis zu 100 Prozent der Miete einbehalten. Im Einzelfall kann jedoch ein Heizstrahler das Objekt wohntauglich machen.
Bei einer Heizanlage, die im Jänner und Februar nur eine Raumtemperatur von 18 Grad ermöglicht, wurde eine Reduktion von zehn Prozent zugestanden. Ein Mieter, der wegen eines unbeheizbaren Kellerabteils weniger bezahlen wollte, erhielt dagegen vom Gericht eine Abfuhr.
Die Obergrenze für „bloße Lärmbelästigung“ liegt bei 25 Prozent. Wegen Baulärms durch Stemmarbeiten zahlte ein Mieter fünf Prozent weniger Miete. Bei „Mobbinglärm“ durch Nachbarn (Stampfen auf dem Boden mit den Füßen, lauthalses Schreien, Läuten an der Wohnungstür, Herumschreien im Vorhaus etc.) hat man Anspruch auf Reduktion, in diesem Fall waren es 15 Prozent.
Lärm aufgrund „üblichen Kinderverhaltens“ (Lachen, Schreien, Weinen) muss man hinnehmen, auch bei normalen Geräuschen aus der Nachbarwohnung hat man keinen Anspruch auf Mietzinsminderung. Doch berechtigt die Geruchsbelästigung durch mangelhafte Toiletten in einer Gastwirtschaft zur Mietreduktion. „Am besten ist es, wenn man Buch führt, wann und wie lange die Geruchsbelästigung besonders stark war“, sagt Lindinger.
Der Vermieter muss einem Anspruch auch dann nachkommen, wenn ihn kein Verschulden trifft. War dem Mieter der Mangel aber von vornherein bekannt und hat er ihn in Kauf genommen, dürfte es schwierig werden, Mietzinsminderung geltend zu machen. Das gilt erst recht, wenn sich ein Mieter verpflichtet, einen bestimmten Mangel selbst zu reparieren, und im Gegenzug niedrigere Miete bezahlt. Im frei finanzierten Neubau sind solche Verträge grundsätzlich möglich. Repariert der Mieter die Schäden nicht, hat er kaum Anspruch auf Mietzinsminderung.
Auch muss er dem Vermieter die Gelegenheit geben, den Mangel zu beheben. Verhindert er das, indem er dauerhaft auf Urlaub ist, dürfte es schwierig werden, die Miete über einen längeren Zeitraum zu mindern. Keinen Anspruch haben Mieter bei einem Mangel, den sie selbst verursacht haben. So kann zwar man bei Schimmelbildung weniger Miete bezahlen, hat man aber den Schimmel durch schlechtes Lüftungsverhalten selbst verursacht, muss man die Miete in voller Höhe bezahlen.
Im Extremfall droht Hinauswurf
Wer Mietminderung geltend machen will, sollte sich von einem Anwalt, der Rechtsschutzversicherung oder einer Mieterschutzorganisation beraten lassen. Lässt man sich auf einen Klagskrieg mit dem Vermieter ein, kann das teuer werden. Dann drohen nicht nur hohe Prozesskosten, falls man verliert, sondern bei „grobem Verschulden“ sogar der Hinauswurf aus der Wohnung.
Was Sie beachten sollten bei... einer Mietzinsminderung
Tipp 1
Höhe. Bei der Höhe der Mietzinsminderung kann man sich an einem „Mietzinsminderungsspiegel“ orientieren, der auf Gerichtsurteilen basiert. Der eigene Fall könnte dennoch ganz anders gelagert sein: Im schlimmsten Fall kontert der Vermieter mit einer Räumungsklage und bekommt recht– und der Mieter verliert die Wohnung.
Tipp 2
Einschränkungen. Geringe Chancen, recht zu bekommen, hat man, wenn einem der Mangel nachweislich von Anfang an bekannt war und man sich nicht daran gestoßen hat oder wenn man die Wohnung gar als „Bastlerhit“ gegen entsprechend niedrige Miete bezogen hat. Kein Geld einbehalten darf man zudem, wenn man den Mangel selbst verursacht hat.
Tipp 3
Dauer. Die Miete mindern kann man ab dem Zeitpunkt der Beanstandung bis zur Behebung des Mangels. Für nicht beanstandete Mängel im Nachhinein Geld zurückzubekommen, ist schwierig. Auch muss man dem Vermieter die Möglichkeit zur Behebung des Mangels geben, also Termine vereinbaren und dann auch anwesend sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2011)