Aus Angst vor Börsencrash und Geldentwertung zahlen Anleger hohe Preise für Immobilien. Setzt man auf die richtige Lage, ist noch Wertsteigerung möglich. Diese stellt sich aber oft erst nach Jahrzehnten ein.
Wien. Die großen Schwankungen auf dem Aktienmarkt bereiten vielen Anlegern Kopfzerbrechen. Auf der Suche nach sicheren Häfen sehen sie sich auch auf dem Immobilienmarkt um. Besonders beliebt ist hierzulande das klassische Wiener Zinshaus. Im Vorjahr betrug das Transaktionsvolumen in diesem Segment 800 Mio. Euro. Das berichtet Richard Buxbaum von Otto Immobilien bei der Präsentation des aktuellen Zinshausmarkt-Berichtes.
Sichere Einnahmen gefragt
Im ersten Halbjahr kauften die Investoren Häuser um 303 Mio. Euro, um elf Prozent mehr als vor einem Jahr. Die meisten Immobilienkäufe werden jedoch in der zweiten Jahreshälfte getätigt. In mehr als der Hälfte der Fälle griffen Privatpersonen zu. „Es drängen zahlreiche Investoren auf den Markt, sodass selbst Häuser, die früher als schwer verkäuflich galten, Abnehmer finden“, heißt es in dem Bericht.
Die Käufer nehmen oft niedrige Renditen (Jahresmieterträge am Kaufpreis) in Kauf. So liegt im ersten Wiener Bezirk der Ertrag zwischen 1,6 und 3,6 Prozent. Viele Anleger sind auf der Suche nach „No-Brainern“, also Häusern, die kein großes Entwicklungspotenzial haben, dafür aber ein sicheres Mieteinkommen bieten. Höhere Erträge lassen sich in Randbezirken erzielen, wo die Häuserpreise niedriger sind. Die meisten Transaktionen gab es im ersten Halbjahr daher auch im 16. Bezirk. Hier liegen die Renditen zwischen 4,2 und 5,2 Prozent, der Quadratmeterpreis zwischen 650 und 1750 Euro. Zum Vergleich: In der Inneren Stadt kostet ein Zinshaus bis zu 5200 Euro pro Quadratmeter.
Wer auf Wertsteigerung aus ist, muss sich das richtige Grätzel aussuchen. Einen Trend sehen die Experten im zweiten Bezirk rund um den Volkertmarkt. Hier dürften die Renditen heuer das Niveau von 3,5 Prozent erreichen. Aktuell liegen sie noch 0,5 Prozentpunkte darüber. Grund sei die Nähe des florierenden Pratersterns und des Augartens.
Lage ist aber nicht alles. Bis zu zehn Prozent des Preises macht die „Hausdokumentation“ aus: Liegen für jede Partei ordentliche Mietverträge vor, hebt das den Preis. Mündliche Absprachen und für den Vermieter unvorteilhafte Mietklauseln drücken ihn. Trotz hoher Nachfrage rechnet Eugen Otto von Otto Immobilien mit einem stabilen Preisniveau. Einen Hype oder gar eine Blase mag er nicht erkennen. Auch deshalb, weil ausländische Investoren den Wiener Markt wegen des komplizierten Mietrechts meiden.
Für weniger als eine Million Euro sind kaum Zinshäuser zu bekommen. Oft wird ein Teil fremdfinanziert. Die Anbieter von Vorsorgewohnungen raten fast immer zu Kreditfinanzierung, um die Rendite durch einen Steuervorteil aufzufetten: Anfangsverluste (aus Abschreibung und Kreditzinsen) kann man steuermindernd geltend machen. Mit einer satten Wertsteigerung darf man bei Zinshäusern wie Wohnungen meist erst langfristig rechnen. Denn zum Kaufpreis kommen rund zehn Prozent Nebenkosten (Grunderwerbssteuer, Eintragungsgebühr, Notar- und Maklerkosten etc.) dazu. Das muss sich erst amortisieren.
Alternative Immobilienaktie?
Leichter handelbar sind Immobilienaktien, die man jederzeit an der Börse verkaufen kann. Vor allem österreichische Immobilientitel seien günstig, sagt Alfred Reisenberger, bei der Wiener Privatbank für Asset Management zuständig.
Sie notieren um ungefähr 50 Prozent unter ihrem Vermögenswert („Net Asset Value“). Das bedeutet: An der Börse erhält man Immobilien zum halben Preis– mit dem Risiko, dass es mit den Kursen weiter nach unten geht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2011)