Fast überall stiegen die Immobilienpreise im Vorjahr über die Inflationsrate. Privatinvestoren blättern Rekordbeträge hin, um ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen.
Wien. Wer glaubt, die permanente Krisenstimmung sei noch nicht in den Köpfen der Österreicher angekommen ist, sollte sich einmal diese Zahlen vor Augen halten: Im Jahr 2011 wurden gebrauchte Eigentumswohnungen in Wien um 10,5 Prozent teurer. In Salzburg verteuerte sich Bauland um 16,5 Prozent und für Linzer Reihenhäuser muss man heuer 12,5 Prozent mehr hinlegen als noch 2010. Kurz gesagt: Privatanleger stürzen sich auf das „Betongold“ und zahlen Rekordpreise für vermeintlich sichere Sachwerte.
„Sicherheit hat ihren Preis“, urteilte Thomas Malloth, Fachverbandsobman der Immobilien- und Vermögenstreuhänder am Mittwoch bei der Präsentation des jüngsten Immobilienpreisspiegels. „Es gab heuer im Schnitt nirgendwo Preisrückgänge. Bei Teuerungen vom einem Prozent sprechen wir jetzt schon von einer Seitwärtsbewegung.“ Selbst Malloth ist der rasante Preisanstieg nicht mehr ganz geheuer: „Ob das alles so gesund ist, sei dahingestellt.“
Die Gefahr ist, dass Anleger ungeachtet des „wahren Werts“ einer Immobilie zugreifen – und so die Preise in die Höhe treiben. Eine Preiskorrektur wäre dann kaum noch vermeidbar.
Wiener Preise flachen ab
Für Immobilienkäufer stehe nach wie vor die Altersvorsorge an oberster Stelle, sagte Malloth. Das niedrige Zinsniveau tue sein Übriges. Ein Drittel aller Käufer scheint zudem von weiteren Preissteigerungen überzeugt zu sein, denn sie kaufen Immobilien vor allem als Investment.
Erstmals belegt Wien in der Hitliste mit den höchsten Preissteigerungen keinen der ersten beiden Plätze mehr. „Hier ist das Ende der Fahnenstange teilweise schon erreicht“, so Malloth. Mit 3298 Euro pro Quadratmeter sind für neue Eigentumswohnungen absolute Rekordpreise zu bezahlen. Im ersten Bezirk kostet der Quadratmeter bis zu 8833 Euro. Anleger weichen folglich auf Linz und St. Pölten aus. In der oberösterreichischen Landeshauptstadt stiegen die Preise im Schnitt aller Kategorien (Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser, Gewerbeimmobilien etc.) um 6,75 Prozent. Am deutlichsten fiel die Teuerung bei Reihenhäusern (plus 12,5 Prozent) und neuen Eigentumswohnungen (plus zwölf Prozent) aus. In St. Pölten stiegen die Preise für gebrauchte Eigentumswohnungen um 11,8 Prozent.
Potenzial im Burgenland
Die geringsten Preissteigerungen (zwei Prozent) verzeichnete die Steiermark. „Wenn ich sehe, dass sich Leute in Salzburg Eigentumswohnungen um 6000 Euro pro Quadratmeter kaufen, bin ich darüber gar nicht unglücklich“, sagte Gerald Gollenz von der Fachverbandsgruppe Steiermark.
Trotz allem sehen die Experten kein Ende der Preisrallye. Potenzial hätte das „untere Ende“ des Angebots, also Wohnungen in wenig attraktiven Bezirken. Schon 2011 verzeichneten gebrauchte Eigentumswohnungen in Simmering (11. Bezirk) mit „einfachem Wohnwert“ – der niedrigsten Kategorie – Wertsteigerungen von 20 Prozent. Für „unterbewertet“ hält Verbandschef Malloth auch Immobilien im Burgenland, die 35 bis 40 Kilometer von Wien entfernt sind. Eigentumswohnungen im Erstbezug sind im Burgenland für 1584,2 Euro zu haben – weniger zahlt man in keinem anderen Bundesland.
Was Sie beachten sollten bei... Immobilien
Tipp 1
Rendite. Die Rendite einer Immobilie wird in der Relation von erzielbarer Jahresmiete zum Kaufpreis ausgedrückt. Doch Achtung: Extrakosten beim Kauf, Reparaturen und etwaige Leerstände können den Ertrag deutlich schmälern. Mit Fremdfinanzierung und Steuervorteilen lässt sich die Eigenkapitalrendite dagegen heben.
Tipp 2
Potenzial. Weil gerade im gehobenen Wiener Segment die Preise langsamer wachsen, sehen sich Anleger nach Alternativen um. In Randbezirken wie Simmering oder Favoriten verteuerten sich die Wohnungen zuletzt schon stark. In burgenländischen Regionen, die nahe bei Wien liegen, gibt es nach Ansicht von Experten Aufholpotenzial.
Tipp 3
Risiko. Kommt es zu Zinssteigerungen, steigt die Gefahr, dass viele Käufer ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Dann kämen viele Immobilien auf den Markt – und eine Preiskorrektur wäre die Folge. Auch bei einem Stimmungswechsel könnten Anleger wieder auf Anlageklassen ausweichen, die mehr Rendite abwerfen (z. B. Aktien).
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2012)