Finanz-Start-ups: Mensch gegen Roboter

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Start-ups aus dem Finanzbereich wollen die Banken das Fürchten lehren. Doch noch zeigen sich die Kunden zurückhaltend.

Wien. Einst waren es Onlinebanken, die in der Branche eine kleine Revolution auslösten. Heute sind es Start-ups aus dem Finanzbereich (Fintech), die die Strategieabteilungen der Banken ins Schwitzen bringen. Doch gibt es überhaupt einen Grund zur Sorge? Geht es nach den Kunden, dann wohl eher nicht.

Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Online-Umfrage der Managementberatung Keylens. Demnach können sich mehr als 90 Prozent der Befragten nicht vorstellen, ihr Geld einem Fintech anzuvertrauen. Nur ein sehr geringer Prozentsatz zeigte sich aufgeschlossen. „Hätte man vor 15 Jahren jemanden gefragt, ob er mit einem Produkt von Apple telefonieren wolle, hätten dies die meisten wohl auch verneint“, sagt Wolfgang Wainig von Keylens.

Männer zeigten sich in der Umfrage jedoch eher bereit, etwas Neues auszuprobieren. Das mag ihrer meist höheren Technologieaffinität geschuldet sein. Noch einen weiteren Aspekt gibt es: Geld einer eher unbekannten Firma anzuvertrauen, bedeutet, ein Risiko einzugehen, wozu Männer eher bereit sind als Frauen, die Sicherheit schätzen, so Wainig.

Selbst bei Direktbanken, die in Österreich bereits seit vielen Jahren etabliert sind, gaben sich die Befragten teils skeptisch. Nur 15 Prozent gaben an, von einem der Institute eine entsprechende Dienstleistung beziehen zu wollen. Bei Sparprodukten oder dem klassischen Zahlungsverkehrsgeschäft war die Zustimmung zu Online-Instituten aber höher. Das hat wohl auch mit den besseren Konditionen zu tun, die diese Häuser anbieten können. Direktbank-Kunden schätzten eine moderne IT und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, so Wainig.

Kaum Wechselwille

Die Wechselbereitschaft der Kunden hielt sich bei der Befragung ebenfalls in Grenzen. In den vergangenen fünf Jahren hielten 80 Prozent der Österreicher ihrem Anbieter die Treue. „Weniger die Überzeugung für die eigene Bank lässt den Kunden bleiben, vielmehr der Mangel an differenzierten, attraktiven Alternativen“, sagt Wainig. Oft seien viele bei einem Institut, weil „sie immer schon dort sind“. Die Bereitschaft, mehrere Banken parallel in Anspruch zu nehmen, die gibt es aber durchaus. Für die Institute biete die ablehnende Haltung der Kunden gegenüber fremden Finanzdienstleistern also noch einen gewissen Schutz, sagt Wainig. Die Betonung liege dabei auf noch.

Fintechs sind dynamischer und flexibler als traditionelle Geschäftsbanken. Sie bieten Services häufig nicht nur günstiger an, sondern können den professionellen Bankberater auch noch überflüssig machen. Roboter bzw. Algorithmus statt Mensch, das ist keine Zukunftsmusik mehr. Den Häusern ist dieser Umstand durchaus bewusst. PricewaterhouseCoopers zufolge befürchten rund 83 Prozent der traditionellen Finanzdienstleister den Verlust von Teilen ihres Geschäfts an sogenannte Fintech-Unternehmen. Bei den Banken sind die Sorgen noch größer. Dort haben 95 der befragten Institute Angst, ihr Geschäftsmodell könnte erodieren.

Der Fintech-Sektor ist nicht nur eine Spielerei einiger amerikanischer Unternehmen aus dem Silicon Valley. Das Thema hat inzwischen globale Dimensionen angenommen. Angaben der KPMG zufolge sind Chinas Fintechs in einer Liste von hundert Firmen bereits führend.

Doch es ist nicht nur die Art der Produkte, die das Thema Fintech so spannend macht. Es ist auch die Summe an Kapital, die der Branche zur Verfügung steht. Die globalen Investitionen in dem Segment werden in den kommenden drei bis fünf Jahren bei über 150 Mrd. Dollar liegen. Häuser wie die Deutsche Bank haben die Zeichen der Zeit bereits erkannt und angekündigt, in den kommenden vier Jahren 750 Mio. Euro in die Digitalisierung zu stecken. Kürzlich verkündete die Erste Bank eine Kooperation mit einem Fintech-Start-up namens predictR. Das noch junge Unternehmen hat es sich zum Ziel gesetzt, „Onlinebanking für Kunden angenehmer zu gestalten“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2016)

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