Erdgas: Doppelter Preis für Gas aus Zentralasien

(c) AP (Daniel Roland)
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Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan wollen ihr Gas nicht mehr billig verschleudern. Das Ultimatum an Gazprom trifft letztlich die Ukraine.

Moskau. Noch bevor der derzeit schwelende Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine beigelegt werden konnte, bringt eine neue Sensationsmeldung frisches Konfliktpotenzial in den heißen Gasmarkt auf postsowjetischem und europäischem Raum. Am Dienstag haben die Gasgesellschaften der zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan gegenüber dem russischen Gasmonopolisten Gasprom erklärt, ihr Gas künftig nicht mehr zum Billigpreis von 130 bis 180 Dollar (85 bis 117 Euro) je 1000 Kubikmeter auf den Markt zu werfen, sondern ab 2009 den europäischen Marktpreis zu verlangen. Dieser liegt derzeit bei 250 bis 270 Dollar. Gazprom gab dazu keinen Kommentar ab.

Der „Markt“ der Zentralasiaten ist in erster Linie der russische Gaskonzern. Die Russen sitzen nämlich auf den Exportrouten aus Zentralasien und haben sich – angesichts stagnierender eigener Förderung – den Zukauf bedeutender Gasmengen aus Zentralasien auf lange Zeit gesichert: Insgesamt bezieht man etwa 58 Milliarden Kubikmeter, der Löwenanteil kommt aus Turkmenistan. Russland freilich verbraucht das zugekaufte Gas nicht selbst, sondern verkauft es über die ziemlich undurchsichtigen Vermittlerfirmen RosUkrEnergo und UkrGazEnergo für 179,5 Dollar an die Ukraine.

Diese wird es also sein, die von der angekündigten Preiserhöhung am meisten in Mitleidenschaft gezogen wird. Noch besteht kein Vertrag über den künftigen Preisbildungsmechanismus. Die Ukrainer und Russen liegen ja seit Monaten wegen offener Gasrechnungen im Clinch. Premierministerin Julia Timoschenko pocht darauf, dass die Vermittlerstrukturen ausgeschaltet werden müssen. Analysten glauben, dass eine Gaspreiserhöhung der Zentralasiaten die Verhandlungen massiv stören würde. Im Herbst sollte der Vertrag für Lieferbedingungen bis 2011 stehen. Die energieintensive ukrainische Industrie würde weitere Preiserhöhungen schwer verdauen. Gleichzeitig drängt Russland ins ukrainische Verteilernetz. Da aber 80 Prozent des russischen Gasexports nach Europa über die Ukraine fließen, hat das Land seinerseits das Druckmittel, die Gebühren für den Transit oder die unterirdische Speicherung zu erhöhen oder – wie oftmals geschehen – Gas illegal abzuzapfen.

Was bleibt für Nabucco?

Bemerkenswert ist, dass das koordinierte Vorgehen der zentralasiatischen Staaten gegenüber Gazprom ursprünglich von amerikanischer und europäischer Seite forciert worden ist. Wiewohl aus einem anderen Grund. Die westlichen Staaten versuchen nämlich die Zentralasiaten dazu zu drängen, ihr Gas in Umgehung des russischen Transits direkt an Europa zu verkaufen – über die in Planung befindliche Pipeline Nabucco. Im Unterschied zu den Aserbaidschanern kommen von den Zentralasiaten jedoch keine Signale.

Die Anrainer der reichen Rohstoffvorkommen im Kaspischen Meer werden noch von einem Dritten umworben. China will seinen Rohstoffimport diversifizieren und klopft auch an die Tür der Zentralasiaten. Diese aber sind im Vorjahr mit Russland übereingekommen, bis 2010 eine weitere Gaspipeline von anfänglich 20 Mrd. Kubikmeter jährlich nach Russland zu legen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2008)

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