China kauft sich neue Freunde in Osteuropa

China kauft sich neue
China kauft sich neue(c) EPA (IMRE FOLDI)
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China gibt Ungarn eine Milliarde Euro Kredit, Geschenk ist das keines: Das Land hat Investitionen bitter nötig. Schon vor einiger Zeit gab Premier Viktor Orbán die Parole aus, „stärker nach Osten“ zu schauen.

Wien. So einen Tag hat Viktor Orbán wieder einmal gebraucht: Ungarns Staatsanleihen gingen am Mittwoch so gut weg wie seit Monaten nicht. Und China gewährte dem schwer verschuldeten Land einen Entwicklungskredit über eine Milliarde Euro. Ansonst hat es der Premier auf der Suche nach Investoren derzeit nämlich gar nicht leicht. Mit der EU und dem IWF ist Orbán wegen seiner investorenfeindlichen Politik zerkracht. Auch in Moskau und in den Golfstaaten klopfte er vergebens an.

Wenigstens auf die neuen Freunde aus dem Fernen Osten ist Verlass: Mit der Milliarde, die Chinas Vizeministerpräsident Li Keqiang auf seine Stippvisite nach Budapest mitbrachte, saniert das Land zwar nicht seinen Staatshaushalt. Aber mit dem Geld soll zumindest der Technologiekonzern Huawei seine Europa-Logistikbasis in Ungarn errichten und eine Schnellbahn zwischen dem Budapester Flughafen und dem Bahnhof Keleti gebaut werden. Das brächte dem Land immerhin Jobs und neue Steuereinnahmen. Fließt das Geld in sinnvolle Projekte, wird es von China mehr Geld geben, als sich Ungarn „je erträumen kann“, frohlockte Orbán. Schon vor einiger Zeit gab er die Parole aus, „stärker nach Osten“ zu schauen. Das Land hat Investitionen bitter nötig. Ökonomen rechnen heuer mit einem Rückgang der ungarischen Wirtschaft um ein Prozent.

Zehn Milliarden für Osteuropa

Doch nicht alle stehen den plötzlichen Geldsegen positiv gegenüber: „Eines ist sicher, das ist kein Geschenk der Chinesen“, sagt Sándor Richter vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche. Vielmehr sei es Teil der Strategie Chinas, seinen 3,2 Billionen Dollar schweren Devisenschatz dafür zu verwenden, den Einfluss der Volksrepublik in bestimmten Regionen zu stärken. Ungarn könne dabei als „Brückenkopf in die EU“ dienen.

In den vergangenen Wochen hat China eine regelrechte Charmeoffensive in Osteuropa hinter sich gebracht. Während die Volksrepublik bei direkten Hilfen für Europas Krisenstaaten zögert, hat Peking in Osteuropa weniger Berührungsängste. Zehn Mrd. Dollar an Krediten versprach Chinas Premier Wen Jiabao der Region bei seiner jüngsten Europa-Reise. Zudem soll der chinesische Markt für Waren aus Osteuropa stärker geöffnet werden. Um den Handel zu beleben, ist Peking offenbar bereit, den Yuan in bilateralen Wechselkursabkommen zu stärken. Chinas Währung gilt als künstlich unterbewertet, wovon vor allem Chinas Exporteure profitieren. Bis 2015 soll das Handelsaufkommen zwischen China und Osteuropa auf 100 Mrd. Dollar steigen. Derzeit werden Waren und Dienstleistungen im Wert von 41 Mrd. Dollar ausgetauscht.

Ungarn wird das nicht reichen. Das Land, dessen Kreditwürdigkeit alle drei Ratingagenturen mit „Ramsch“ bewerten, braucht vor allem einen Financier für seine Staatsschulden. Auch dafür hat sich China vor wenigen Monaten lautstark angeboten. Passiert ist seither aber nichts. So muss Ungarn doch hoffen, dass die Verhandlungen mit dem IWF über eine Kreditlinie von bis zu 20 Mrd. Euro bald starten können. „Das Abkommen wäre wichtig“, sagt Richter. Nicht wegen des Geldes, sondern damit das Land den „Stempel von EU und IWF“ bekommt: „Ja, Investoren! Das Land hat eine vernünftige Wirtschaftspolitik.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2012)

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