Österreichs Super-Reiche noch reicher als gedacht

APA/HELMUT FOHRINGE
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Die Arbeiterkammer liefert einen Beitrag zur Debatte um die Erbschaftssteuer: In Österreich gibt es 36 Millardäre und 148.000 Millionäre, heißt es.

Das Vermögen der Allerreichsten ist noch größer als bisher angenommen. Das zeigt eine Untersuchung im Auftrag der Arbeiterkammern (AK) Wien und Oberösterreich. "Es gibt einen erheblichen Bedarf, Licht ins Dunkel zu bringen", sagte Markus Marterbauer, Leiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaften der AK Wien, am Donnerstag in Wien vor Journalisten.

Jakob Kapeller, Leiter des Instituts für Gesamtanalyse der Wirtschaft der Johannes Kepler Universität Linz, hat auf Grundlage einer Erhebung der Europäischen Zentralbank (EZB) vermögende Haushalte statistisch geschätzt, da reiche Haushalte von der EZB unzureichend erfasst seien.

Kapellers Hochschätzungen zufolge besitzt das reichste Prozent in Österreich rund 40,5 Prozent des gesamten privaten Vermögens. Bisher war man von 25 Prozent ausgegangen. Weitere 15,7 Prozent des gesamten privaten Vermögens in Österreich besitzen die folgenden 2-5 Prozent, das heißt die reichsten fünf Prozent halten gemeinsam 56 Prozent des Vermögens. Die "unteren" 90 Prozent besitzen zusammen nur etwa 34,2 Prozent des Vermögens, also weniger als das reichste Prozent allein. Auf die ärmere Hälfte der Österreicher kommén überhaupt nur auf 2,5 Prozent des Vermögens.

Haushaltsvermögen höher als gedacht

Im Durchschnitt heißt das, dass die reichsten Österreicher (ein Prozent) im Schnitt ein Nettovermögen von 14 Millionen Euro pro Haushalt haben, in Summe gemeinsam 534 Milliarden Euro. Schon bei den reichsten 2-5 Prozent ist es mit 1,3 Millionen nur mehr ein Zehntel davon. Das Durchschnittsvermögen aller Österreicher steigt unter der Berücksichtigung vorher nicht erfasster reicher Haushalte von 258.000 Euro auf 341.000 Euro.

Die Studie geht davon aus, dass die heimischen Haushalte 1.317 Milliarden Euro an Vermögen besitzen - bisherige Zahlen gingen von 998 Milliarden Euro aus. Laut Kapellers Hochschätzungen müsste es 36 Milliardäre sowie 148.000 Millionäre in Österreich geben.

Nach dieser Berechnung hält es der AK-Chefökonom "für wirklich problematisch, wenn eine Debatte zu Vermögen und Erbschaften stattfindet, die durch mangelnde Datenkenntnis, oft durch Ignoranz geprägt ist". Daher wünscht sich die AK eine Teilnahmeverpflichtung an der Haushaltserhebung der EZB, um verlässlichere Daten zu erhalten.

"Das ist keine gute Voraussetzung für eine politische Debatte, wenn man über die Lohneinkommen alles weiß, weil die Löhne voll erfasst sind vom Staat, der Staat sich aber nicht interessiert für die Höhe der Vermögen und die Vermögensverteilung. Für eine fundierte politische Auseinandersetzung sind Transparenz und Datenlage wichtige Voraussetzungen", kritisierte Marterbauer.

Er sieht auf Basis einer verbesserten Transparenz auch mehr Informationspflicht gegenüber der Öffentlichkeit. Folglich fordert die AK ergänzend zu einem Bericht zur Armutsgefährdung einen umfassenden Reichtumsbericht der Bundesregierung, der regelmäßig dem Parlament und der Öffentlichkeit vorgelegt wird.

AK für Erbschaftssteuer

Politisch hält die AK eine Vermögens- und Erbschaftssteuer für unumgänglich. Der AK-Chefökonom zeigt sich für die nächste Legislaturperiode optimistisch: Breite Teile der Parteien würden für die Erbschaftsteuer eintreten. Er hält eine Erbschaftssteuer in der kommenden Legislaturperiode nicht nur für möglich, sondern "die AK wird sich mit aller Kraft dafür einsetzen".

Die vorliegenden Daten schätzt Kapeller auf Grundlage einer Erhebung der EZB im Dezember 2016. Im sogenannten Household Finance and Consumption Survey (HFCS) wurden in Österreich die Vermögenswerte von 2.997 Haushalten aufgezeichnet.

Reiche Haushalte werden nur in geringem Umfang befragt und tendieren dazu, die Teilnahme an der Befragung zu vermeiden. Die daraus resultierenden Ungenauigkeiten führen typischerweise zu einer Unterschätzung des Vermögens der reichsten Haushalte sowie der Vermögensungleichheit.

Gewerkschaft springt auf

"Dass die Vermögen in Österreich ungerecht verteilt sind, ist nichts Neues. Die Ungleichheit ist aber noch drastischer als bisher bekannt, daher erwarte ich mir, dass die Politik nicht länger blockiert, wenn es um gerechtere Besteuerung riesigen Reichtums und enormer Erbschaften geht", meinte der Leitende Sekretär des ÖGG, Bernhard Achitz. Eine neue Erbschaftssteuer wäre nicht nur aus Gründen der gerechten Finanzierung des Staates notwendig, sondern auch, damit die sich über Generationen weitergegebene Ungerechtigkeit in der Verteilung nicht gänzlich ungebremst weiter vererbt.

Den Einwand, dass mit Erbschafts- und Vermögensbesteuerung zu niedrigen Sätzen und mit Freibeträgen kaum etwas zu holen sei, lässt Achitz nicht gelten: „Wenn es um Erträge aus möglichen Studiengebühren oder Ausgaben für notwendige Sozialleistungen wie die Mindestsicherung geht, ist bei ähnlichen Summen komischerweise nie das Argument zu hören, dass das nur Bagatellbeträge wären.“

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(APA)

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