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Wie Konzerne vor Peking zu Kreuze kriechen

Daimler postete ein Zitat des Dalai-Lama.
Daimler postete ein Zitat des Dalai-Lama.APA/AFP
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Erst postet Daimler ein Zitat des Dalai-Lama, dann entschuldigt man sich in Propagandadiktion. Kein Einzelfall.

Was für ein schöner Start in die Woche! Der begeisterte Daimler-Follower öffnet das Fotonetzwerk Instagram, das ihn mit dem Bild eines weißen Luxuscoupés der Marke Mercedes beglückt. Es steht am Strand herum, warum auch immer, und irgendwie soll dazu die „Monday Motivation“ passen: „Betrachte Situationen von allen Seiten, und du wirst offener werden.“ Diese Weisheit, tiefgründig wie ein Glückskeks-Spruch, stammt wie vermerkt vom Dalai-Lama. Leider kann man sich von ihr nicht später nochmals in Ruhe geistig befruchten lassen. Denn plötzlich ist das Posting weg.

Dazwischen liegt eine Blitzkampagne von Chinas Propagandamaschinerie gegen den deutschen Autobauer. Das zitierte Oberhaupt der Buddhisten in Tibet gilt als Staatsfeind, auch wenn er noch so oft beteuert, er wolle für die annektierte Provinz nur die versprochene Autonomie. Zum „Feind des chinesischen Volkes“ macht sich für die kommunistische Parteizeitung also auch der deutsche Konzern, der dem Friedensnobelpreisträger „hassenswerterweise“ eine Plattform geboten hat.

Zum Glück funktioniert bei Daimler die Selbstzensur. Demütig werfen sich die Stuttgarter in den Staub und entschuldigen sich, hübsch angepasst an die Diktion der Diktatur. Das eilig gelöschte Posting habe eine „extrem irrtümliche“ Botschaft vermittelt. Man sei sich völlig bewusst, dass man damit „die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt“ habe. Und damit sich ein so schlimmer Vorfall nicht wiederhole, werde man „sofort Maßnahmen ergreifen, um das Verständnis der chinesischen Kultur und Werte zu vertiefen“. Dabei konnten Chinas Bürger das Posting offiziell gar nicht lesen, weil China als einziges Land der Welt den Dienst Instagram verbietet.

Schon im Jänner musste sich die weltgrößte Hotelkette, Marriott, „zutiefst entschuldigen“ für das „Missgeschick“, in einer Länderliste auch Taiwan und Tibet angeführt zu haben. Zur Strafe hatten ihr die Behörden eine Woche lang die Webseite und jede Buchungsmöglichkeit gesperrt. Die folgende Untersuchung stellte auch die US-Fluglinie Delta und den spanischen Kleiderkaiser Zara wegen Taiwan-Nennung an den Pranger.

Aber Daimler beugt sich freiwillig tiefer. Der Kotau sorgt in Deutschlands Politik für Unbehagen: „Würde Rückgratlosigkeit ausgezeichnet, hätten die Mercedes-Manager den ersten Preis für ihr peinliches Verhalten verdient“, meint der Menschenrechtssprecher von CDU/CSU. Was, wenn die Kritik im Westen wächst? Sicher: China ist für Mercedes der größte Markt, aber der Rest der Welt kauft immer noch mehr. Also, als „Thursday Motivation“ für die Manager: Betrachtet die Situation von allen Seiten. Und hört auf den Dalai-Lama: „Denke daran, dass Schweigen manchmal die beste Antwort ist.“

karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2018)

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