Dicke Luft zwischen IV und ÖGB: "Zustände wie im 19. Jahrhundert"

IV-Kampagne in Wien
IV-Kampagne in WienDie Presse (Clemens Fabry)
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Die Industriellenvereinigung kampagnisiert anlässlich der Diskussion um den Zwölf-Stunden-Tag direkt vor der Zentrale des Gewerkschaftsbundes. Die Antwort lässt freilich nicht lange auf sich Warten.

Wie es um die Beziehung zwischen Gewerkschaft und Industrie steht, darauf lässt die aktuelle Kommunikationsstrategie der Industriellenvereinigung schließen. Diese trägt ihre Konflikte mit dem ÖGB nämlich nicht mehr hinter geschlossenen Türen aus – sondern direkt vor der Wiener Zentrale des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Dort ist seit einigen Tagen auf riesigen Plakaten zu lesen: „Der generelle 12-Stunden-Tag ist ein Märchen“ und „Der generelle 8-Stunden-Tag bleibt erhalten“.

Die Antwort der Gewerkschaft ließ nicht lange auf sich warten: Für Josef Muchitsch, Chef der Gewerkschaft Bau-Holz schaut die Sache so aus: "12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche sind der Industriellenvereinigung ja offenbar sehr wichtig, sonst würde sie nicht Tausende Euro in eine Kampagne stecken, die den Menschen vorgaukelt, dass das, was die Industriellenvereinigung wünscht, auch gut für die Beschäftigten ist."

Muchitsch geht auf das Wort „generell“ ein: Es werde natürlich nicht über "generelle" Lösungen gesprochen. Allerdings wolle die Regierung gemeinsam mit der IV erreichen, dass Beschäftigte künftig „ohne Mitsprache der Gewerkschaften und Betriebsräte“ zu zwölf Stunden Arbeit verpflichtet werden können.

Denn: Bereits jetzt gebe es in den Kollektivverträgen geregelt die Möglichkeit, flexibel und bei Bedarf 12 Stunden zu arbeiten. Muchitsch: "Der Unterschied ist: Wenn jetzt 12 Stunden gearbeitet wird, ist ein Mehrarbeitszuschlag fällig und eine Vereinbarung abzuschließen. Beides würden sich die Industriellen offenbar gerne ersparen. Bis dato ist in Österreich noch keine einzige Baustelle oder ein Auftrag aufgrund von 'Unflexibilität bei Arbeitszeiten durch die Beschäftigten' nicht zeitgerecht fertiggestellt worden."

"ÖVP-FPÖ-Großspender aus der Industrie"

Bereits 1919 sei in Österreich der Achtstundentag gesetzlich verankert worden, nun wolle man "offensichtlich wieder zurück zu Zuständen wie im 19. Jahrhundert, und das unter dem fadenscheinigen Vorwand, den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern." Es würden die Wünsche der "ÖVP-FPÖ-Großspender aus der Industrie" umgesetzt.

Gerade für SchwerarbeiterInnen ist es unmöglich, noch mehr als bisher gesetzlich und kollektivvertraglich möglich zu arbeiten. Gerade ab der zehnten Stunde steigt die Unfallgefahr massiv an, die Menschen seien erschöpft. Muchitsch sagt, es sei entlarvend, dass die IV in ihrer Kampagne für Entbürokratisierung der Arbeitszeitregelungen "Arbeitsmediziner" gemeinsam mit "weiteren Hürden“ nenne: „Ein Arbeitsmediziner ist keine Hürde, sondern eine wichtige Institution, die sicherstellt, dass überlange Arbeitszeiten nicht gesundheits- oder sogar lebensbedrohlich werden."

(sk)

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