Die Banken haben die WM völlig versemmelt

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Nur eine Großbank hat auf Frankreich als Weltmeister gesetzt. Goldman Sachs lag besonders falsch.

Weit daneben ist auch vorbei. Die Analysten und Computermodelle der Banken haben bei dieser WM total versagt. Von allen großen Instituten, die Fußball-Prophezeiungen abgegeben haben, konnte nur eines den Sieger Frankreich richtig erraten: die japanische Bank Nomura. Besonders peinlich war die WM für die Superbank Goldman Sachs, die wie überall anders auch beim Fußball in anderen Sphären schwebt als die Konkurrenz.

Viele Stunden hat man die Computer dort arbeiten lassen, 200.000 verschiedene Varianten wurden durchgerechnet, mehr als eine Million mögliche Paarungen simuliert. Das Ergebnis: Laut Goldman hätte Brasilien gewinnen müssen. Goldman tippt ohnehin jedes Mal auf Brasilien, da dürften die Computer eine gewisse Vorliebe haben. Aber selbst als Brasilien dann raus war und nur noch vier Mannschaften im Halbfinale standen, taten sich die Goldman-Modelle schwer: Jetzt spuckten sie Belgien als Weltmeister aus und England als Vize.

Anderen Banken ging es nicht viel besser. Die Schweizer von der UBS haben 10.000 virtuelle Turniere simuliert um zu dem Schluss zu kommen, dass Deutschland ganz gute Chancen hat. Die Holländer von der ING haben die Marktwerte der Mannschaften analysiert und festgestellt, dass Spanien am teuersten ist und deshalb wohl weltmeisterwürdig. Und auch die Macquarie Bank aus Australien, die vor vier Jahren immerhin mit Deutschland richtig lag, setzte diesmal auf Spanien.

Bleibt die Frage: Warum verschwenden die Banken die Zeit ihrer teuer bezahlten Ökonomen mit offenbar völlig unbrauchbaren Sport-Simulationen? Erste Antwort: Public Relations. Die Großbanken liefern den Medien gerne mal was zum Schmunzeln, um ihr Image als herzlose Geldmaschinen ein bisschen aufzupolieren. Zweite Antwort: Die Banken befinden sich in einem Computer-Wettrüsten und wollen zeigen, was sie können. Einzig möglicher Schluss: Wem sein Geld etwas wert ist, der schickt es nach Japan zu Nomura.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2018)

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