Linz gegen die Bawag: Holt Nowotny die Vergangenheit ein?

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Der heutige Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny schloss im Jahr 2007 als Vorstandsvorsitzender der Bawag das Geschäft mit Linz ab. Nowotny hatte zuletzt erklärt, er habe nichts über Details des Swaps gewusst.

Wien. Exakt 402 Seiten umfasst das Gutachten, das die Staatsanwaltschaft zum Streit zwischen der Bawag und der Stadt Linz in Auftrag gegeben hat. Die Expertise, die der „Presse“ vorliegt, fällt für die Bawag vernichtend aus. Bei der Auseinandersetzung geht es um ein Wertpapiergeschäft (Franken-Swap), das die Linzer bei der Bawag abgeschlossen haben und das mittlerweile einen Schaden von bis zu 417,8 Mio. Euro verursachte.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den früheren Linzer Finanzdirektor Werner Penn und Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) wegen des Verdachts der Untreue und gegen „unbekannte Täter“ im Bawag-Umfeld. Alle Betroffenen bestreiten die Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Bawag klagte von Linz den Betrag von 417,8 Mio. Euro ein. Doch die Oberösterreicher wollen nicht zahlen. Die Bank, die dem US-Finanzinvestor Cerberus gehört, kann einen Schaden in dieser Größenordnung nicht so einfach hinnehmen, wie die zuletzt veröffentlichten Ergebniszahlen zeigen. Im ersten Halbjahr 2012 lag der Vorsteuergewinn bei 78,9 Mio. Die Bawag zeigte sich in der Vergangenheit siegessicher. Doch das von der Staatsanwalt Linz beim Sachverständigen Christian Imo in Auftrag gegebene Gutachten stärkt der Stadt Linz den Rücken. Auf Seite 266 schreibt Imo, dass der Swap ein „deutlich asymmetrisches Gewinn-Verlust-Profil“ aufweise. Für Linz gebe es relativ begrenzte Gewinnpotenziale, aber sehr hohe Verlustpotenziale, „die in den Extrembereichen existenzgefährdende Ausmaße erreichen können“. Das Produkt sei als „hoch spekulativ“ zu bewerten.
Laut Imo bestanden bereits zum Abschlusszeitpunkt für die Stadt Linz „erhebliche Verlustpotenziale“, und diese Verlustpotenziale seien nicht erst durch die Finanzkrise entstanden. Auch die Argumentation der Bawag, dass der Abschluss des Geschäfts durch einen Gemeinderatsbeschluss gedeckt gewesen sei, wird von Imo bestritten.

Streit um den Gutachter

Finanzkreisen zufolge dürfte die Bawag nun gegen den Gutachter vorgehen. Sie wirft Imo Befangenheit vor. Denn Imo war einst Vorstand der Wiener Börse und hat danach eine Gesellschaft gegründet. Diese ging in Konkurs. Die Bawag war einer der Gläubiger. Die Staatsanwaltschaft bestreitet, dass Imo befangen ist.

Spannend ist das weitere Vorgehen der Justiz. Laut den „Oberösterreichischen Nachrichten“ wird gegen „unbekannte Täter“ im Bawag-Umfeld ermittelt. Die Justiz will wissen, wer in der Bank für das Geschäft verantwortlich war. Normalerweise sind bei Transaktionen in dieser Größenordnung hochrangige Mitarbeiter eingebunden. Als der Swap mit Linz 2007 abgeschlossen wurde, war der heutige Nationalbank-Gouverneur, Ewald Nowotny, Vorstandsvorsitzender der Bawag. Nowotny hatte zuletzt im Kontrollausschuss des Linzer Gemeinderats erklärt, er habe nichts über die Details des Swaps gewusst. Diese Aussage gelte nach wie vor, hieß es am Dienstag.

Die Treasury-Abteilung der Bawag, die normalerweise für solche Produkte zuständig ist, wurde damals von Philip Reading geleitet. Reading folgte Nowotny in die Nationalbank. Er leitet dort die Abteilung Bankenprüfung und Finanzmarktstabilität. Reading war am Dienstag im Ausland und daher nicht erreichbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2012)

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