Oettinger stellt Stromkonzernen die Rute ins Fenster

Oettinger stellt Stromkonzernen Rute
Oettinger stellt Stromkonzernen Rute(c) AP (Thomas Kienzle)
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Wer vom europäischen Wettbewerb profitiert, muss auch im Heimmarkt Wettbewerb zulassen: Der EU-Energiekommissar hat mit der österreichischen Marktkonzentration keine Freude.

Die gute Nachricht vorab: Die Republik Österreich hat eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof abgewendet und brav die volle Umsetzung aller EU-Vorschriften für den Energiebinnenmarkt nach Brüssel gemeldet.
Die schlechte Nachricht: Mit dem Wettbewerb zwischen den Stromkonzernen schaut es hierzulande noch immer ziemlich traurig aus. Wie „Die Presse“ in der Donnerstagsausgabe berichtet hat, ist die Europäische Kommission ziemlich unzufrieden mit der Lage auf dem österreichischen Markt für Privatkunden. Gerade einmal 1,7 Prozent der Stromkunden haben im Jahr 2010 den Anbieter gewechselt. Das ist einer der niedrigsten Werte in ganz Europa. In Deutschland beispielsweise haben im Vergleichsjahr sechs Prozent gewechselt. Und darum hebt Energiekommissar Günther Oettinger in seinem 213-seitigen Bericht über Europas Energiemärkte die hohe Marktkonzentration in Österreich hervor. Die drei größten Stromversorger kontrollierten im Jahr 2010 rund 58 Prozent des Marktes. Beim Gas entfallen allein 61 Prozent auf die EnergieAllianz Austria, die Vertriebsgesellschaft von Energie Burgenland, der niederösterreichischen EVN und der Wien Energie.

E-Control rügt „Angstallianz“


Wäre es da nicht an der Zeit, mit den Mitteln des Kartell- und Wettbewerbsrechts für eine Belebung der Konkurrenz zu sorgen? „Ich bin davon überzeugt, dass der Binnenmarkt für ein Land wie Österreich, das im Herzen Europas liegt, besondere Vorteile bietet“, sagte Oettinger am Donnerstag. „Aber wer durch Wettbewerb in Europa wachsen kann, muss auch im eigenen Markt Wettbewerb zulassen.“ Er wolle jetzt mit den nationalen Energieministern zusammen prüfen, „wo es wettbewerbserschwerende oder -behindernde Strukturen gibt“. Nachsatz: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner von der ÖVP sei ein „großer Unterstützer von mehr Wettbewerb“.

Beim heimischen Energieregulator E-Control kann man die Brüsseler Kritik an der Energieallianz verstehen. „Wien und Niederösterreich hätten den Markt schon aufbrechen können, wenn sie sich gegenseitig Konkurrenz gemacht hätten. Das wurde durch diese Angstallianz jedoch verhindert“, so E-Control-Chef Walter Boltz.
Auch bei den Verzögerungen der Umsetzung des dritten Liberalisierungspakets in mehreren heimischen Bundesländern ist laut Boltz eine „gewisse Absicht“ erkennbar. „Die Landesgesellschaften haben kein wahnsinniges Interesse daran, dass dieses Paket schnell umgesetzt wird und verzögern mit dauernden Änderungswünschen. Das ist aber natürlich kindisch, da ein paar Monate Verzögerung den Firmen kaum etwas bringen.“ Betroffen von der Verzögerung seien vor allem Regeln über mehr Konsumentenschutz.

Die E-Control könne bei einem Verstoß gegen die Vorgaben der Richtlinie nun aber nicht eingreifen, da diese in den betroffenen Bundesländern offiziell ja noch nicht gelten würde. Bemerkenswert: Die Bundesregierung meldet nach Brüssel die volle Umsetzung des dritten Liberalisierungspakets – obwohl die notwendige Übernahme in die Landesgesetzgebung zum Teil noch nicht erfolgt ist.

South Stream „Interessant“


Abgesehen davon äußerte sich Oettinger auch zum Gaspipeline-Projekt South Stream, das der russische Staatskonzern Gazprom vorantreibt. „South Stream ist ein interessantes Infrastrukturprojekt. Die Kommission ist bereit, für jene Mitgliedstaaten, in die es münden soll, die europäischen Belange gemeinsam zu vertreten.“ Das betreffe in erster Linie Umwelt- und Binnenmarktfragen. Allerdings „kenne niemand – nicht einmal in Moskau – die genaue Trassenführung“.

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