Weihnachtseinkauf: Wie das Buch in die Auslage kommt

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Wer seine Bücher in Buchhandlungen prominent platziert wissen will, muss dafür bezahlen. Wie viel, das wollen große Ketten wie Thalia nicht verraten. Doch es muss erst einmal dahin kommen.

Es ist ein Bild, das wir nicht nur aus der Weihnachtszeit kennen, aber gerade jetzt fällt es besonders auf: In den Auslagen der Buchläden stapeln sich die Neuerscheinungen, auf den Tischen rund um die Kassen türmen sich Bücher – und fast immer sind darunter vor allem Bestseller prominenter Autoren, die sich ohnehin fast von allein verkaufen. Wie ein Buch positioniert wird und vor allem wo, ist längst eine Frage des Marketingbudgets geworden. „Gerade große Buchhandelsketten sind bekannt dafür, dass sie solche Platzierungssysteme haben“, sagt Gerhard Ruiss, Sprecher der IG Autorinnen-Autoren. „Bei manchen kann man den Platz in der Bücherstellage kaufen, bei anderen wird die Positionierung auf der Website oder im Katalog bezahlt.“

Wie viel so etwas kostet, kann Ruiss nicht genau sagen, weil sozusagen versteckt abgerechnet wird. „Der Buchhändler bekommt dann eben nicht 40 Prozent vom Verkaufspreis eines Buches, sondern 58. Dafür liegen die Bücher in der Mitte des Geschäftes auf einem Tisch oder im Schaufenster“, so Ruiss. Gern spricht niemand über solche Vereinbarungen. „Es ist ein diskretes Geschäft.“ Ihn ärgert die Manipulation des Kunden: „Die Bücher werden nicht nach Qualität beurteilt. Heutzutage braucht mach nur viel Geld, um bekannt zu werden.“

Rainer Götz vom Grazer Literaturverlag Droschl kennt das System. Er erzählt von seinen Erfahrungen mit der Buchhandelskette Thalia, Marktführer im deutschsprachigen Sprachraum. Da gäbe es gewisse Vorzugsangebote und Sonderpakete, die man mitkaufen kann, wie eine prominente Positionierungen auf Tischen. Gleichzeitig werde vom Verlag verlangt, dass er selbst Marketingmaßnahmen ergreift. „Das hätte die Kosten zu sehr erhöht“, sagt Götz, weshalb sein Verlag das Thalia-Angebot ausgeschlagen hat.

Ein gutes Buch liegt auf dem Tisch

Josef Pretzl, Geschäftsführer von Thalia Österreich, sieht das freilich anders. Verlage und der Buchhandel müssten mehr denn je zusammenarbeiten, da die Branche immer weniger Bücher verkaufe. Es sei daher selbstverständlich, „dass es ein System gibt, in dem aktiv präsentiert oder verkauft wird“. Das Angebot reiche von Veranstaltungen über Inserate bis zu Tischplatzierungen – aber nichts davon sei verpflichtend: „Niemand wird gezwungen. Der Verlag entscheidet über die Verwendung seines Marketingbudgets.“ Wie viel die diversen Angebote im Thalia'schen Marketingsystem kosten, verrät er nicht. Dass dadurch nur Verlage mit viel Geld zum Zug kämen, verneint er. „Die Qualität der Bücher steht an erster Stelle bei uns.“ Es sei klare Aufgabe der Thalia-Mitarbeiter, das Beste für die Kunden auszusuchen. „Wenn ein Buch gut ist, dann liegt es auf dem Tisch.“

Doch es muss erst einmal dahin kommen. Für kleinere Verlage sei es aber gar nicht so leicht, ihre Ware bei großen Buchketten anzubringen, sagt Ruiss. „Weil sie oft nur eine große Stückzahl von mindestens 4000 Stück abnehmen.“ Üblich seien in Österreich im Durchschnitt 1500 bei einer Romanerstauflage. Für den Verlag ist diese Anzahl eine große finanzielle Belastung und ein Risiko, denn werden die Bücher nicht verkauft, darf der Buchhändler sie zurückgegeben. „Da kann man sich schnell einmal vorstellen, wie ein Verlag in den Konkurs rutscht“, sagt auch Götz vom Droschl Verlag. Wer seine Bücher aber nicht bei Thalia anbietet, verliere eine große Gruppe an Kunden. Thalia dementiert diese Vorwürfe, es gäbe keine Vorgaben zur Mindestabnahme.

In der Branche ist aber auch bekannt, dass gute Verbindungen zwischen großen Buchhandlungen und Verlagen förderlich sein können – ganz ohne Geld und eigene Verträge. Wer im Sachbuchmarkt erfolgreich sein will, sollte etwa darauf achten, bei Morawa gut platziert zu werden. Denn die Bücher, die sich dort besser verkaufen – und da reichen bereits 40 Stück pro Woche – landen wiederum in der Bestenliste, die in den Wochenendbeilage (wie etwa im „Spectrum“ der „Presse“) abgedruckt werden.

Rainer Götz schätzt jedenfalls die Zusammenarbeit mit kleinen bis mittelgroßen Buchhandlungen mehr: „Der klassische Buchhändler verlangt keine zusätzlichen finanziellen Anreize.“ Die mittelgroßen und Spezialbuchhandlungen, sagt er, seien so schon längst die großen Stützen der ganzen Verlagsbranche geworden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)

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