Wien Energie: Warum sich „grüne Batterie“ nicht rechnet

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„In drei Jahren“ könnte sich das strittige Pumpspeicherkraftwerk rechnen, hofft Wien Energie. Realistisch ist das nicht. Schuld daran ist just die Energiewende, die Pumpspeicher derzeit unrentabel macht.

Wien. Wie „Die Presse“ berichtet hat, bereitet ein geplantes Pumpspeicherkraftwerk in Oberösterreich der Wien Energie große Probleme. Der für Herbst angesetzte Spatenstich für das 320-Millionen-Euro-Projekt wurde abgesagt, da sich das Kraftwerk derzeit nicht rechnet. Bis Sommer will das Unternehmen nach Partnern suchen. Auch wenn alles abgeblasen wird, dürfte es für die Wiener teuer werden. Dabei galten Pumpspeicher, die „grünen Batterien“, doch als lukrativ, effizient und notwendig für die Energiewende. Was ist da passiert? „Die Presse“ beantwortet Fragen rund um den Deal und die schwierige Lage für die Stromspeicher an sich.

1 Was sind Pumpspeicherkraftwerke, und wofür brauchen wir sie?


Das Prinzip ist bei allen Pumpspeicherkraftwerken gleich simpel: Gibt es Stromüberschuss, wird billige Energie gekauft und damit Wasser in einen höhergelegenen Speicher gepumpt. Herrscht einmal Strommangel, schickt man das Wasser wieder hinunter und erzeugt so – mit Verlusten – Strom, der teurer verkauft werden kann. An sich sind derartige Kraftwerke gut für die Versorgungssicherheit, weil sie helfen, die schwer kalkulierbaren Ökostrommengen zu speichern und bei Bedarf sehr schnell wieder bereitzustellen.

2 Warum rechnen sich derartige Projekte dann heute nicht?


Es ist das Paradoxon der Energiewende: Just die Flut an geförderten Wind- und Solarkraftwerken macht Pumpspeicher derzeit unrentabel. Bisher war zu Mittag und in der Früh tendenziell Strommangel, was für höhere Preise sorgte, die Pumpspeicher wirtschaftlich interessant machten. Doch mittlerweile liefern die Solaranlagen zu Mittag so viel Strom, dass es keine echte Spitzenstromzeiten mehr gibt. Zugleich ist die Nachfrage nach Strom – auch aufgrund der Wirtschaftsflaute – derzeit gering und der Preis für „Spitzenstrom“ daher so niedrig, dass sich Pumpspeicher nicht rechnen. Allein in Oberösterreich liegen vier solche Projekte auf Eis.

3Wien Energie hofft, dass sich die Situation „in zwei, drei Jahren“ ändern wird. Ist das realistisch?

Nein. Sieht man sich die Future-Preise für das Jahr 2017 an, so ergibt sich für Pumpspeicher im besten Fall eine Marge von 20 Euro je Megawattstunde (MWh), sagt Stephan Sharma vom Verbund. „Die Kosten liegen jedoch bei 30 Euro je MWh“. Erst 2022/23, wenn Berlin die letzten Atomkraftwerke vom Netz nimmt, könnte die Nachfrage sprunghaft ansteigen. Derzeit gebe es aber keinen wirtschaftlichen Anreiz, allein stehende Pumpspeicherkraftwerke zu bauen.

4 Warum interessiert sich dann die Wien Energie für das Projekt?


„Das Kraftwerksprojekt passt optimal in unsere Energiestrategie, nach der 50 Prozent des von uns erzeugten Stroms bis 2030 aus erneuerbaren Quellen kommen sollen“, erklärte das stadteigene Unternehmen damals. Dabei sind Pumpspeicher nicht per se „grün“. Statt Ökostrom kann genauso gut billiger Atom- oder Kohlestrom zum Hochpumpen verwendet werden. Schuld sei der „Druck der rot-grünen Stadtregierung“, kritisiert Fritz Aichinger, Klubobmann der ÖVP Wien. Tatsächlich sieht die Koalitionsvereinbarung große Investitionen in erneuerbare Energien vor. Die Erfolge der Wien Energie sind überschaubar: Ein Geothermieprojekt in Aspern wurde nach 15 investierten Mio. vorerst beendet, hunderte Mio. für Ökostromprojekte in Osteuropa haben nicht den erhofften Erfolg gebracht.

5 Was will die Wien Energie jetzt machen?


Wien Energie will an dem Projekt festhalten. Vor 2019/20 werde aber kein Strom fließen. Dass auch dann 25 Mio. Euro an Projektentwickler und Grundeigentümer Kurt Bernegger wandern, wenn nicht gebaut wird, dementiert der Konzern. Der Bauunternehmer bestätigt, dass er in jedem Fall Geld für Vorleistungen erhalten werde. Die kolportierte Summe sei jedoch „zu hoch gegriffen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2013)

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Kommentare

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