Hochegger erklärt Bargeldkarussell: „Mulmiges Gefühl“

(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
  • Drucken

Der Lobbyist Peter Hochegger hatte in der Verhandlung um die Aktienaffäre seinen ersten Auftritt - nicht als Beschuldigter, sondern als Zeuge. Er sprach über geheime Geldübergaben und "wertlose" Studien.

Wien. Es kam, sah – und sagte aus: Es schien so, als hätte sich Peter Hochegger vorgenommen, die Zeit bei Gericht so gut es geht auszukosten. Das mag damit zu tun haben, dass er gestern, Mittwoch, genau an seinem 64. Geburtstag, seinen ersten großen Auftritt vor einem Strafgericht hatte. Als Zeuge wohlgemerkt, nicht als Beschuldigter.

Ohne Hast schlenderte Hochegger in den Verhandlungssaal, 203 des Straflandesgerichts Wien, blieb auf dem Weg dorthin immer wieder stehen, sondierte die Umgebung, ließ sich bereitwillig fotografieren. Der spätestens seit dem Korruptions-U-Ausschuss weithin bekannte Lobbyist (er wurde gleich viermal vor die Abgeordneten zitiert) war nun vom Strafrichter geladen worden, weil er derjenige war, der vor knapp zehn Jahren seinem wohl wichtigsten Kunden, der Telekom Austria (TA), aus der Patsche geholfen hatte.

„Peter, wir brauchen deine Hilfe“, habe die TA gemeint. Und Hochegger half. Das Problem der TA: Sie musste den Börsenmakler Johann Wanovits bezahlen. Offiziell konnte/wollte das Unternehmen dafür kein Geld abbuchen. Wanovits hatte nämlich durch Stützungskäufe den Kurs der Telekom-Aktie so weit nach oben gerückt, dass 95 TA-Manager üppige Prämien kassieren konnten. Und dafür wollte der Mann Geld sehen.

Hochegger war es dann, der Bargeld in zwei Tranchen an den Telekom-Manager Gernot Schieszler und den TA-Prokuristen Josef Trimmel übergab. 500.000 oder 550.000 Euro. Genau könne er sich nicht erinnern. Denn, so sagt nun der Zeuge: „Man schlägt einem Kunden einen Wunsch nicht ab.“ Die Telekom-Leute reichten das Geld weiter an Wanovits. Freilich handelte sich um Telekom-Geld. Nicht etwa um Geld aus Hocheggers Tasche.

„Ich habe Ja gesagt!“

Der Trick der TA: Sie hatte zuvor – zum Schein – eine Studie bei Hochegger in Auftrag gegeben. Dessen Firma Valora bekam dafür 1,5 Millionen Euro. Davon wurde das Geld für Wanovits abgezweigt. Der Rest blieb bei Hochegger.

Von diesem Wanovits hätten ihm die TA-Leute ursprünglich gar nichts erzählt, sagt nun der Zeuge. Es sei auch nicht unverdient gewesen, dass er, Hochegger, damals für eine Scheinstudie bezahlt worden sei. Er habe nämlich auch ein echtes Projekt entwickelt. Zur „Marktbereinigung im Festnetzsektor“. Dieses „Projekt“ habe er sozusagen aus eigenem Antrieb gemacht. Einen Auftrag habe er dafür vorerst nicht erhalten. Dieser Umstand habe ihm schon „ein mulmiges Gefühl“ beschert. Der erhoffte Auftrag kam auch später nicht. Dafür ein anderer. Aber der Reihe nach.

Hochegger war es auch, der – angeblich wieder der Telekom zuliebe – dem Börsenmakler Wanovits zusätzlich Aufträge im Wert von ungefähr 400.000 Euro zuschanzte. Denn der lag der Telekom weiter in den Ohren, klagte darüber, dass diese noch immer in seiner Schuld stünde. Hochegger, Troubleshooter der Telekom, ließ sich von Wanovits Abhandlungen schreiben. Über Windkraft und Investitionsmöglichkeiten in Dubai. Als Zeuge sagte er nun: „Gefreut hab ich mich nicht.“ Aber er habe eben auf TA-Aufträge gewartet. Und daher Ja gesagt.

Dieses Ja zahlte sich aus: „Wenige Tage später hatte ich einen Auftrag über 880.000 Euro!“ Er machte sich ans Werk, schrieb eine Studie zu den Chancen einer „Beamtenagentur“. Nun konnte Hochegger wieder in den Geldtopf greifen. Und Wanovits bezahlen. Der Richter: „Waren die Wanovits-Papiere wertlos?“ Der Zeuge bestätigte: „Die Studien haben für mich halt keinen Wert mehr gehabt.“ Wanovits sieht dies anders. Seine Arbeit sei sehr wohl etwas wert gewesen. Nicht nur er ist nun wegen Untreue angeklagt. Vor Gericht stehen auch die Ex-Telekom-Vorstände Rudolf Fischer, Stefano Colombo und Heinz Sundt. Ebenso Ex-Prokurist Trimmel.

Schieszler ist nicht angeklagt, weil er als potenzieller Kronzeuge gilt. Hochegger eben auch nicht. Aber er hat bereits eine erste Untreue-Anklage auf dem Tisch liegen: wegen Mitwirkung an illegaler Parteienfinanzierung zum Vorteil des BZÖ. Zudem muss er mit einer weiteren Anklage rechnen. Diese soll, ironisch formuliert, ein „Best-of“ seiner strafrechtlich relevanten Geldgeschäfte werden.

Und so schlüpfte der Mann, der mit seiner HocheggerCom einst zu den Stars der Branche zählte, und für den nun die Unschuldsvermutung gilt, in die Rolle eines zerknirschten Zeugen: „Mir ist der Blödsinn auf den Kopf gefallen. Heute würde ich das nicht mehr tun.“ Prozessfortsetzung folgt heute, Donnerstag.

Hochegger erklaert Bargeldkarussell bdquoMulmiges
Hochegger erklaert Bargeldkarussell bdquoMulmiges(c) APA

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Telekom-Aktienaffäre: Drei Schuldsprüche, ein Freispruch

Die Ex-Telekom-Manager Stefano Colombo, Rudolf Fischer und Josef Trimmel wurden zu Haftstrafen verurteilt. Ex-Generaldirektor Heinz Sundt ging frei.
TelekomProzess Heute soll Urteil
Österreich

Ex-Telekom-Vorstand Fischer: "Es tut mir leid"

Auch ihm sei vieles verschwiegen worden, sagt der Angeklagte Rudolf Fischer im Prozess um die Kursmanipulation. Heute sollen die Urteile fallen. Den Angeklagten drohen 10 Jahre Haft.
TELEKOM-PROZESS: SCHIESZLER
Österreich

Schieszlers "Shit list" belastet Telekom-Vorstand

Auch die Überzeugungsarbeit bei einem Ex-Telekom-Prokuristen mit "einigen Flaschen Wein" war in den handschriftlichen Aufzeichnungen dokumentiert.
(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
Telekom-Prozess

Worum es geht

Österreich

Telekom-Prozess: Zeuge fehlte, Feilschen um Prämienrückzahlung

Die Urteilsverkündung platzte. Das Gericht will noch einen Zeugen hören. Die Ex-Vorstände zahlten ihre Aktienprämien nicht zurück.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.