Frauentag: Kleiner Unterschied oder riesige Kluft?

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Wie sehr unterscheiden sich Frauen und Männer im Wirtschaftsleben heutzutage noch voneinander? Ein "Presse"-Faktencheck zum Internationalen Frauentag.

Wien. Frauen sind in Büros genauso präsent wie Männer – aber nicht in den Chefetagen. Sie studieren mindestens so erfolgreich – verdienen aber weniger als Männer. Immer mehr Frauen arbeiten – aber oft nur Teilzeit. „Die Presse“ fasst die Fakten zu den Unterschieden zwischen den Geschlechtern in der Wirtschaftswelt zusammen.

  •  Männer arbeiten häufiger

Österreichische Frauen arbeiten mehr als Frauen in anderen Ländern: Laut Eurostat betrug 2011 die Erwerbstätigenquote (Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung) von Frauen 69,6 Prozent. Damit lag Österreich deutlich über dem EU-Schnitt von 62,3 Prozent. Die EU-weit höchste Frauenerwerbstätigkeit hatte Schweden mit 77,2 Prozent, die niedrigste Griechenland mit 48,8Prozent. Frauen sind aber seltener erwerbstätig als Männer: Die Quote lag bei Männern 2011 bei 80,8 Prozent, EU-weit waren es 75 Prozent.

  • Frauen gründen seltener

Frauen sind seltener unternehmerisch tätig als Männer, und wenn sie eine Firma haben, hat diese weniger Mitarbeiter und macht weniger Umsatz. EU-weit ist ein Viertel der Firmen mit Angestellten in Frauenhand, OECD-weit sind es 30 Prozent. Im OECD-Schnitt sind Firmeneignerinnen zwar besser ausgebildet (Österreich ist eines der wenigen Länder, in denen das anders ist) als ihre männlichen Pendants. Sie haben bei der Gründung aber meist weniger Managementerfahrung, wie eine EU-weite Erhebung aus 2008 zeigt: Elf Prozent der Frauen, die 2002 ein Unternehmen gegründet haben, haben davor schon eine andere Firma geleitet. Bei den Männern waren es 18 Prozent. Das ist ein Grund, warum Firmen in Frauenhand weniger verdienen – laut OECD um bis zu 40 Prozent. Frauen gründen öfter in schlechter entlohnten Branchen und geben zu schnell Rabatte, so die OECD. Die Motivation für die Firmengründung ist für sie oft, die Work-Life-Balance zu verbessern oder Familie und Beruf vereinbaren zu können. Frauen greifen auch seltener zu Krediten.

  • Männer werden öfter arbeitslos

In Österreich arbeiten 44 Prozent der Frauen Teilzeit, aber nur neun Prozent der Männer. Kein Wunder, gibt es Teilzeitjobs doch vor allem in „klassischen“ Frauenbranchen wie im Handel, in der Dienstleistungsbranche und der Gastronomie. In „Frauenbranchen“ verdient es sich deutlich schlechter: Ein Lehrlingsanfänger im Bauwesen (86Prozent Männer) erhält 648 Euro, im Gesundheits- und Sozialbereich (80 Prozent Frauen) sind es nur 453 Euro. Dafür sind Männerbranchen krisenanfälliger: Von den per Ende Februar vorgemerkten 326.401 Arbeitslosen waren 211.239 Männer (+6,0 Prozent) und 115.162 Frauen (+3,9 Prozent).

  • Frauen gehen seltener pleite

Da sie weniger verdienen, gehen Frauen auch seltener in Privatkonkurs als Männer. So erklärt zumindest die österreichische Schuldnerberatung, warum „nur“ 38 Prozent der Privatkonkurse von Frauen angemeldet werden. Die Entschuldung gehe sich oft nicht aus, weil Frauen eine zu niedrige Quote anzubieten hätten. Von den 10.770 Privatkonkursen im Vorjahr wurden 4039 von Frauen beantragt. Auch der Grund für den Konkurs variiert je nach Geschlecht: Der Grund für die Überschuldung ist bei Frauen häufiger, dass sie Bürgschaften für ihre Ehemänner oder Lebensgefährten übernehmen.

  • Frauen haben selten Spitzenjobs

Frauen verdienen weniger – unter anderem, weil sie das „Falsche“ studieren. Laut OECD entfallen in den Industrieländern drei Viertel der Universitätsabschlüsse im Gesundheitsbereich auf Frauen, aber nur 19 Prozent der IT-Abschlüsse. In Österreich verdienen Frauen je nach Berechnung zwischen 13 und 25Prozent weniger als Männer. Die Lohnlücke ergibt sich u.a. aus der hohen Teilzeitquote bei Frauen und der Tatsache, dass sie öfter in schlechter bezahlten Branchen und kleineren Unternehmen arbeiten. Außerdem sind sie seltener in Führungspositionen: Laut einer aktuellen EU-Studie sind in Österreich 27 Prozent der Manager Frauen, EU-weit ist es ein Drittel

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2013)

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