Österreich geht es relativ gut – mit Betonung auf relativ

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Laut Wirtschaftsbericht geht es Österreich „im Vergleich“ ganz gut. Bei der Präsentation gaben sich die zuständigen Minister betont wahlkampflustig.

Wien/Jil. Die Eurozone ist in einer Rezession. Und Österreich kann ein kleines BIP-Plus aufweisen. Heißt: Österreichs Wirtschaft geht es „im Vergleich“ ganz gut – weil es anderen Euroländern deutlich schlechter geht. Das ist – in wenigen Worten – das Ergebnis des fünften jährlichen „Wirtschaftsbericht Österreich“ der Regierung – in dem die Wörter „relativ“ und „Vergleich“ 72-mal vorkommen.

Wifo und IHS sehen die Wirtschaft in Österreich um 0,4 bis 0,6 Prozent wachsen. Für 2014 setzen sie immer noch auf 1,6 bzw. 1,8 Prozent. Dass derartige Prognosen aber vor allem in letzter Zeit auffallend oft falsch liegen, wird im Bericht extra erwähnt. Wifo-Chef Karl Aiginger sieht zudem ein Ende für den „Österreich-Bonus“, den die Wirtschaft des Landes in den vergangenen zwölf Jahren scheinbar gehabt hat. Und Eco-Austria-Chef Ulrich Schuh warnt, dass „kein konjunktureller Rückenwind“ in Sicht sei. Heißt: Die Weltwirtschaft bleibt gedrosselt, Österreich muss etwaige konjunkturelle Dellen selbst ausbügeln.

Die im Wahlkampf befindlichen Minister für Wirtschaft, Arbeit, Finanzen und Infrastruktur nahmen den Ball gerne auf und gaben sich bei der Präsentation des Berichts am Mittwoch in Wien betont motiviert und wahlkampflustig. So sagte etwa Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) in Richtung der Medien: „Mich braucht niemand aufzuwecken.“ Tatsächlich ortet Mitterlehner bereits „Rückenwind“, und zwar angesichts der guten Auftragslage der heimischen Industrie. Der Wiederaufbau nach dem Hochwasser werde ebenfalls konjunkturbelebend wirken.

Ende für „Wünsch-dir-Was“

Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) verwies auf das von der Regierung nach der Alpine-Pleite aufgestellte „Konjunkturpaket“. Dieses sei „das Gebot der Stunde“. Zudem sei der Beitrag der Industrie zu Konjunktur und Arbeitsmarkt „auch wichtig“, so Bures.

Ihr Parteikollege Rudolf Hundstorfer fand ebenfalls lobende Worte: An der Industrie könne man sich „ein Beispiel nehmen“, so der Sozialminister – und zwar vor allem bei der Ausbildung. Ziel sei deshalb, dass es 2015 „niemanden mehr gibt, der nicht nach der Pflichtschule etwas weitermacht“.

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) bewies dann, dass sie „ein bisschen dazu neigt, sich zu entfesseln“ (O-Ton Bures). Fekter wetterte gegen die „neuen Steuerideen“. Die Forderung nach einem Ende der Gruppenbesteuerung sei „ein Anschlag“, so Fekter. Die „unselige Vermögensteuerdebatte“ sei „ein weiterer Anschlag“.

Und die EU-weite Steuerharmonisierung sei gar „eine gefährliche Drohung“. Neue Steuern würden Arbeitsplätze kosten, so Fekter. Auch das „Wünsch-dir-Was“ im Wahlkampf müsse nun ein Ende haben, so die Finanzministerin. Es sei gefährlich zu glauben, dass man mit Geldgeschenken Stimmen kaufen könne.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2013)

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