Österreich hat 948,6 Milliarden Euro „echte“ Schulden

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oesterreich 9486 Milliarden Euro(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Budget. Die Verschuldung der Republik liege deutlich über den offiziellen 73,4 Prozent des BIPs, warnt EcoAustria. Berücksichtigt man auch die Ausgaben und Einnahmen der Zukunft, liegt die Schuldenquote bei 251 Prozent des BIPs.

Wien/Auer. Offiziell bekommt jeder Österreicher am Tag seiner Geburt 27.010 Euro an Schulden von der Republik in die Wiege gelegt. Doch selbst das ist nur die halbe Wahrheit. In der Realität sehe das viel schlimmer aus, sagt Ulrich Schuh vom Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria. Der Ökonom hat im Auftrag der Industriellenvereinigung die „tatsächliche“ Schuldenquote des Staates berechnet, indem er auch alle Einnahmen und Ausgaben der Zukunft in die Kalkulation aufgenommen hat.

Das Ergebnis: Statt 73,4 Prozent des Wirtschaftsleistung (oder 277,4 Milliarden Euro) liegt die Schuldenquote bei 251 Prozent des BIPs (oder 948,6 Milliarden Euro). Für den Einzelnen steigt die Schuldenlast so auf 112.673 Euro.

Dabei hat Schuh ausgelagerte Schulden von Staatsbetrieben oder die zu erwartenden Milliardenhilfen für Banken für die Berechnung nicht berücksichtigt. Der Ökonom hat lediglich die künftigen Einnahmen und Ausgaben des Staates abgeschätzt und auf den heutigen Tag abgezinst. Ganz so, wie es etwa auch bei der Bewertung eines Unternehmens getan wird.

Umverteilung über Generationen

Die demografische Entwicklung, die erwartete Erwerbsbeteiligung und alle bereits beschlossenen Reformen wurden berücksichtigt. So ist in der „impliziten“ Schuldenquote eine Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters um drei Jahre ebenso eingerechnet wie eine erwartete „kleine“ Steuerreform in den kommenden Jahren. Der Prognose zufolge steigen die Einnahmen des Staates in den nächsten Jahrzehnten auf knapp über 50 Prozent des BIPs an. Deutlich schneller schießen aber die Ausgaben in die Höhe. Bis 2060 steigen sie von 51 auf 58 Prozent. Schon im Vorjahr gingen sie um 4,4 Prozent in die Höhe. Mit diesem Tempo werde der von der EU vorgeschriebene Konsolidierungspfad bis 2017 kaum haltbar sein, warnte Bernhard Felderer bereits am Donnerstag. Neben den großen Brocken Pensionen, Gesundheit und Pflege werde in Zukunft auch die Zinsenlast „erdrückend“ werden, so Schuh.

Was wir erlebten, sei eine „Umverteilung über Generationen“, sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayr. Im Grunde sollten die zusätzlichen Belastungen aus der Zukunft bei null liegen. Der Staat sollte nicht mehr versprechen, als er halten kann.

Wohlfahrtsstaat kann bleiben

Das heiße aber nicht zwingend, dass Österreich seinen Wohlfahrtsstaat aufgeben müsse. Es sei möglich, den schwedischen Weg zu gehen, Sozialleistungen hoch zu belassen, dafür aber Überschüsse zu erwirtschaften. Höhere Steuern als Einnahmequelle lehnte er angesichts der rekordverdächtig hohen Abgabenquote ab. Für die Entlastungen der Arbeit sei, trotz angespannter Budgetsituation, Spielraum da: So könnten die Beiträge zur Unfallversicherung gesenkt werden. Sie ist seit Jahren im Plus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2013)

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