Jobchance für Migranten: "Schule spielt wesentliche Rolle"

Migrationsexpertin Christina Matzka erklärt, warum Migranten nicht gleich Migranten sind.

Die Presse: Was können Migranten im Job besser als Einheimische?

Christina Matzka: Migranten können gut handeln und sind unbürokratischer. Dadurch kommt oft frischer Wind rein, weil sie nicht alles obrigkeitshörig akzeptieren. Sie haben einen größeren Weitblick, mit der Kernkompetenz über den Tellerrand hinauszuschauen. Migranten sind auf dem Bau und in der Gastronomie wesentlich stärker vertreten als Österreicher. In Produktion und Handel ist das Verhältnis ausgeglichen. Bei Verwaltungsjobs sind sie unterrepräsentiert. Es zeigt sich, dass Migranten dort vertreten sind, wo die Ausbildung eine geringere Rolle spielt.

Es sind auffällig wenige Migrantinnen auf dem Arbeitsmarkt. Warum ist das so?

Das liegt an den familiären Strukturen. Die Situation wird sich ändern, wenn die selbstbewussteren, jungen Migrantinnen zum Zug kommen. Heute gehören noch drei Viertel der Migranten der ersten Generation an. Die Verteilung ist nicht über alle Migrantinnen gleich. Während 59 Prozent aller weiblichen Migranten einer Arbeit nachgehen, machen das nur 43 Prozent der Türkinnen.

Werden Migranten bei der Jobsuche benachteiligt?

Ein in Österreich geborener Türke, der studiert hat und dem man seine Herkunft ansieht, wird von vielen Österreichern nicht auf Hochdeutsch, sondern im Gastarbeitergequatsche angesprochen. Ein Serbe, der keine drei Monate hier ist und kaum Deutsch spricht, wird als zugehörig erlebt. Es klingt banal, aber es liegt einfach am fremdländischen Aussehen. Auch diese Situation verbessert sich zusehends, weil Migranten immer mehr in Lebensbereiche eindringen, die Schule spielt da eine wesentliche Rolle.

Warum sind vor allem Migranten von Arbeitslosigkeit betroffen?

Der Grund dafür ist nicht die Migration, sondern die Bildung. Dadurch sind Migranten auch häufiger armutsgefährdet.

Aber es findet ja auch bei Migranten ein Generationswechsel statt.

Ja. Das hat vornehmlich mit Sozialisierung und dem Hier-aufgewachsen-Sein zu tun. Man darf nicht alle Migranten in einen Topf werfen. Türkische Migranten können nicht mit jenen aus Bosnien, Kroatien und Serbien verglichen werden. Letztere passen sich viel schneller an. Die türkische Community ist extrem gespalten. Es gibt die sehr gut ausgebildeten und offenen Türken. Sie sagen von sich, sie sind Österreicher mit türkischen Wurzeln. Ihnen stehen jene gegenüber, die hier nur gearbeitet haben und privat in ihrer Community verhaftet sind.

Und diese Communitys konzentrieren sich auf wenige Ballungsräume. Was das Problem nicht einfacher macht.

80 Prozent der Migranten leben in zehn Prozent der Gemeinden. Das sind schwerpunktmäßig die Großräume um Wien, Linz, Graz, Wels und in Vorarlberg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2013)

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