Studie: Psychische Erkrankungen kosten sieben Milliarden

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Der volkswirtschaftliche Schaden durch stressbedingte Überlastungen und Burn-out wächst jährlich rasant. Zu späte Diagnosen treiben die Folgekosten und die Zahl der Frühpensionierungen nach oben.

Linz/Wien. Bei Frauen sind psychische Erkrankungen schon der häufigste Grund für den Gang in die Invaliditätspension. Das drückt wiederum das Frühpensionsalter bei krankheitsbedingten Pensionierungen der Frauen im Schnitt auf rund 47 Jahre. Aber auch bei Männern wurden in den vergangenen Jahren psychische Erkrankungen (Burn-out) immer häufiger diagnostiziert und waren dann der Grund für eine Frühpensionierung.

Die Probleme sind seit Längerem bekannt, die Regierung versucht unter anderem mit Programmen wie „Fit to work“ gegenzusteuern. Erstmals hat jetzt der Linzer Universitätsprofessor Friedrich Schneider die gesamten finanziellen Auswirkungen im Auftrag des ÖVP-nahen Instituts Wirtschaftsstandort OÖ (IWS) beziffert. Das alarmierende am Montag vorgelegte Ergebnis der Studie: Der volkswirtschaftliche Schaden durch psychische Erkrankungen beläuft sich inzwischen in Österreich auf sieben Milliarden Euro pro Jahr. Tendenz stark steigend: Ohne effiziente Gegenmaßnahmen ist in wenigen Jahren mit einem Schaden von zehn Milliarden Euro zu rechnen. „Das ist leider ein negativer Wirtschaftsfaktor geworden“, bilanziert Uni-Experte Schneider.

Frühe Hilfe senkt die Kosten

Ein Hauptproblem ist dabei, dass zwar Menschen mit psychischen Erkrankungen und vor allem Burn-out anders als noch vor Jahren nicht mehr stigmatisiert sind. Allerdings setzt vielfach die Therapie immer noch zu spät ein. Das lässt dann die Kosten deutlich nach oben schnellen. Denn wird Burn-out rasch diagnostiziert, entstehen laut Schneider einem Betrieb Kosten von 1500 bis 2300 Euro pro Fall. Wird die Krankheit erst spät erkannt, so steigt dieser Betrag auf bis zu 130.000 Euro.

Sozialministerium und Sozialversicherung machen die Österreicher unter anderem mit Werbespots aufmerksam, bei Erschöpfungszuständen, zu viel Stress am Arbeitsplatz und gesundheitlichen Beschwerden verstärkt Rat bei Experten zu holen. Zugleich sind Sozial- und Wirtschaftsministerium bemüht, die Vorbeugung im Berufsleben auszubauen, um Burn-out und andere Erkrankungen zu vermeiden.

In diesem Punkt will das IWS mit dem Verein Pro Mente Oberösterreich verstärkt in Unternehmen den Hebel ansetzen. „Unser Ziel ist es, beim Phänomen ,Stress‘ mitzuhelfen, das Tabu zu brechen und die Angst vor Arbeitsplatz- und Ansehensverlust zu nehmen“, erklärte IWS-Geschäftsführer Gottfried Kneifel der „Presse“. Oberösterreich solle als Wirtschaftsbundesland an der Spitze bei der Burn-out-Prävention stehen.

Vorbeugung gegen Stress

Dazu sollen konkret Stressmanagementprogramme beitragen, um Führungskräfte wie Mitarbeiter auf die Problematik stärker aufmerksam zu machen und Erkrankungen zu verhindern. Rund 95 Prozent der Maßnahmen gegen zu viel Stress würden außerdem wenig oder gar kein Geld kosten, überdies rasch greifen und ein Leben lang wirken. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2014)

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