Nationalbank: Schmiergeld über „Tiger Lily“?

OeBS-PROZESS: DUCHATCZEK
OeBS-PROZESS: DUCHATCZEK(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Der am Montag begonnene Prozess um mutmaßliche Schmiergeldzahlungen bei einer Nationalbank-Tochter hat das Zeug für einen Wirtschaftskrimi.

Wien. Beim Schmiergeldprozess um eine Nationalbank-Tochter, der am Montag begonnen hat, fuhr Staatsanwalt Volkert Sackmann schwere Geschütze auf: „Man hat versucht, sich von oben nach unten abzuputzen.“ Als die ersten Verdachtsmomente bekannt wurden, seien zunächst die rangniederen Mitarbeiter hinausgeworfen worden. Sackmann schilderte detailliert, wie die Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruckerei (OeBS), die der Nationalbank gehört, mutmaßliche Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe geleistet haben soll.

Der Skandal soll mit einem verlustreichen Auftrag in Singapur begonnen haben. Um das Minus auszugleichen, habe die Gelddruckerei-Tochter der Nationalbank nach neuen Absatzmärkten gesucht. Dabei sei eine aus Rumänien stammende Angestellte besonders hilfreich gewesen. Der Staatsanwalt bezeichnete die OeBS-Mitarbeiterin als „Goldstück“. Denn sie spreche mehrere Sprachen.

Um beim Druck der „Manat“-Währung in Aserbaidschan zum Zug zu kommen, soll die dortige Zentralbank verlangt haben, dass die Österreicher zum Auftragsvolumen noch 20 Prozent zuschlagen. Die OeBS sollte diese Überzahlung von 20 Prozent über verschlungene Wege wieder an die aserbaidschanischen Auftraggeber zurücküberweisen. Für den Staatsanwalt ist das Bestechung.

Viele Offshore-Zentren

Die aus Rumänien stammende OeBS-Mitarbeiterin habe von den Aserbaidschanern eine Liste von Gesellschaften in Offshore-Zentren wie Panama und den Seychellen bekommen. Dorthin sollten die 20 Prozent zurückfließen.

Der Nationalbank-Tochter sollte daraus kein Schaden entstehen, weil die Bestechungsgelder in die Aufträge einkalkuliert waren. Laut Angaben des Staatsanwalts habe die OeBS-Geschäftsführung zugestimmt. „Doch das Verbuchen von Schmiergeld war ein Problem.“

Daher habe man die Spuren verwischt. Dazu seien Scheinrechnungen ausgestellt worden. Die ersten Geldflüsse seien über Dubai und den Britisch Virgin Islands gelaufen. Bei den nächsten Überweisungen hätten ein Wiener Anwalt und dessen Geschäftspartner geholfen. Diese sollen die Briefkastenfirma Venkoy in Panama eingeschaltet haben. Für ihre Dienste sollen der Anwalt und der Geschäftspartner eine Provision von vier Prozent verlangt haben.

Doch weil sich die Banken weigerten, für Venkoy ein Konto zu eröffnen, seien die Millionenzahlungen zunächst über ein Konto des Wiener Anwalts bei der Bawag gelaufen. Im Jahr 2008 habe die Bawag aber eine Anzeige wegen Verdachts auf Geldwäsche eingebracht. Der Skandal „hätte damals auffliegen können“, sagte der Staatsanwalt. Doch die Justizbehörden stellten die Ermittlungen ein, weil die OeBS-Geschäftsführung versicherte, dass alles korrekt ablaufe. Nach Aserbaidschan sei ein Vertrag mit der Zentralbank in Syrien abgeschlossen worden. Auch hier sei es um den Druck von Banknoten gegangen.

Die Syrer waren bescheidener

„Die Syrer waren bescheidener“, so Staatsanwalt. Denn sie hätten nur einen Aufschlag von 14 Prozent verlangt, die über Offshore-Gesellschaften wieder an die Auftraggeber zurückfließen sollten.

Staatsanwaltschaft Sackmann berichtete am Montag von weiteren brisanten Details: Einmal seien Diplomaten aus Aserbaidschan bei der aus Rumänien stammenden OeBS-Mitarbeitern aufgetaucht und hätten Geld verlangt. Daraufhin soll Bargeld „im Plastiksackerl auf dem Stephansplatz“ übergeben worden sein. Auch von Geschenken für die Ehefrauen von Zentralbank-Mitarbeitern aus Aserbaidschan und Syrien war die Rede. Als Verbindungsfrau für Venkoy sei eine Frau aufgetreten, die auf ihrer Visitenkarte eine E-Mail-Adresse mit dem Namen „Tiger Lily“ angegeben haben soll. „Machen Sie als 100-Prozent-Tochter der Nationalbank Geschäfte mit einer Tiger Lily?“, fragte der Staatsanwalt.

Der Skandal sei 2011 im Zuge einer Betriebsprüfung der Finanz entdeckt worden. In Summe sollen 14 Millionen Euro über ausländische Konten an die Auftraggeber in Syrien und Aserbaidschan zurückgeflossen sein.

Es gibt neun Angeklagte

Angeklagt sind neun Personen. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft. Zu den Beschuldigten gehören unter anderem die früheren Geschäftsführer der OeBS, die aus Rumänien stammende OeBS-Mitarbeiterin und Wolfgang Duchatczek, Ex-Vizechef der Nationalbank.

Die meisten Angeklagten plädieren auf nicht schuldig. Für den Anwalt von Duchatczek, Herbert Eichenseder, ist es ein „Missverständnis“, dass sein Mandant auf der Anklagebank sitze. Denn Duchatczek sei in der OeBS operativ nicht tätig gewesen. Manfred Ainedter, Anwalt eines anderen Angeklagten, meinte dagegen, es sei klar gewesen, dass hier Schmiergeld geflossen sei. Auch hätten alle in der Nationalbank von den Problemen bei der Gelddruckerei-Tochter gewusst. Die aus Rumänien stammende OeBS-Mitarbeiterin zeigte sich geständig. Ihr Anwalt erklärte, es sei eindeutig gewesen, dass es hier um Schmiergeld gehe. Doch damals sei gesagt worden: „Wir sind die Nationalbank. Da kann nichts passieren. Wir werden eh nicht erwischt.“ Der Prozess soll zunächst bis 2. April dauern. Die Nationalbank erklärt, selbst geschädigt worden zu sein.

AUF EINEN BLICK

Am Montag hat der Strafprozess im Zusammenhang mit dubiosen Geldflüssen bei der Gelddruckerei-Tochter der Nationalbank begonnen. Den Angeklagten wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zur Untreue, Geldwäscherei, Bestechung und Bilanzfälschung vorgeworfen. Die meisten Beschuldigten bestreiten das.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2014)

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