Telekom Austria: Der viel kritisierte "Wunschpartner"

PK OeIAG UND AMERICA MOVIL: KEMLER/MORENO
PK OeIAG UND AMERICA MOVIL: KEMLER/MORENOAPA/ROBERT JAEGER
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Telekom. ÖIAG und América Móvil feiern ihre spät besiegelte Partnerschaft. Das Chaos sei vorbei. Nun wollen die Mexikaner mit der TA in Europa vor allem eines: Wachsen, wachsen, wachsen.

Wien. Der Donnerstag begann für die ÖIAG, wie der Mittwoch geendet hatte: mit einer gewaltigen Verspätung. Fehlte am Mittwoch bis spätabends der halbe Aufsichtsrat, um die Allianz mit dem mexikanischen Multimilliardär und Telekom-Großaktionär Carlos Slim zu besiegeln, so war es am Donnerstag der umworbene Partner aus Mexiko, der den ÖIAG-Vorstandsvorsitzenden, Rudolf Kemler, warten ließ. Wenn auch „nur" eine halbe Stunde.

Kemler waren die Strapazen des vergangenen Tages noch ins Gesicht geschrieben. Vom Boykott der Betriebsräte, die der Sitzung aus Protest ferngeblieben waren, am falschen Fuß erwischt, musste er selbst seinen Aufsichtsratspräsidenten Peter Mitterbauer vom Israel-Urlaub nach Wien einfliegen lassen, um die Mehrheit für den Syndikatsvertrag zu sichern. In knappen acht Stunden hat es Mitterbauer von den Golanhöhen nach Wien geschafft.

Aktie schoss in die Höhe

Tags darauf war das politische Chaos zwar nicht vergessen. Doch immerhin der Kurssturz vom Mittwoch war nach dem grünen Licht der staatlichen Industrieholding rasch ausgemerzt. Gemeinsam halten der Staat über die ÖIAG (27,4 Prozent) und Carlos Slim über seinen Konzern América Móvil (26,8Prozent) nun über 55 Prozent der Anteile am Konzern. Die Telekom-Papiere schossen bisweilen um 8,5 Prozent in die Höhe und pendelten sich bei den 7,15 Euro ein, die Carlos Slim nun allen übrigen Telekom-Aktionären bieten will.
Von den Zwischenrufen der Arbeiterkammer, die den Pakt bis zuletzt als "schädlich für Österreich" kritisierte, wollten weder Kemler noch Carlos García Moreno, Finanzvorstand bei América Móvil, etwas hören.

Wie berichtet soll das auf zehn Jahre angelegte Syndikat den Einfluss der Republik auf das Unternehmen sichern. Die Voraussetzungen, auf dem hoffnungslos überbevölkerten Telekommarkt in Europa zu bestehen, seien an der Seite von Carlos Slim deutlich höher als je zuvor, betonte Kemler. In diesem Szenario ist „América Móvil unser Wunschpartner". Während die schwarze Reichshälfte Beifall klatschte, verbuchte Faymann-Berater Werner Muhm (SPÖ) die Einigung als "wirtschaftspolitischen Bankrotterklärung" des Landes.

Aber was bedeutet die Allianz nun wirklich für die Telekom Austria, und was bedeutet sie für Österreich? Allen voran: Für die Telekom Austria ist vor allem die Unsicherheit vorbei. Das Unternehmen ist nicht länger Diener zweier Herren mit unterschiedlichen Wünschen. In Zukunft wird es vor allem Carlos Slim sein, der die Richtung der Telekom Austria vorgeben wird. So hat die ÖIAG zwar die Sperrminorität von 25 Prozent und einer Aktie, den Fortbestand des Standorts Wien für die Unternehmenszentrale und ein Vetorecht bei Kapitalerhöhungen ausverhandeln können. Doch die großen strategischen Linien werden nun wohl andernorts gezeichnet.

ÖIAG braucht 280 Millionen

Für das Unternehmen bedeutet das vor allem eines: Wachstum. Die Telekom Austria sei für seinen Konzern "eine Plattform für zusätzliches Wachstum in Europa", sagte Carlos García Moreno. Der letzte Versuch der Mexikaner, in Europa Fuß zu fassen, ist mit den verunglückten Übernahme der niederländischen KPN gescheitert. Wachsen wolle man nun vor allem in den osteuropäischen Ländern, in denen die Telekom heute stark vertreten ist, aber auch in den angrenzenden Märkten. Die notwendige Milliarde Euro soll das hoch verschuldete Unternehmen durch die geplante Kapitalerhöhung erhalten. América Móvil selbst wird seinen Anteil wohl aus der Portokasse bezahlen. Die Mexikaner haben 3,7 Mrd. Dollar in cash auf der hohen Kante. Aber auch die ÖIAG wird 250 bis 280 Mio. Euro in die Hand nehmen müssen, um nicht unter die Sperrminorität zu fallen.

"Wir werden bei der Kapitalerhöhung mitziehen", kündigte Kemler an. Leisten könne sich das die Staatsholding allemal. Die ÖIAG sei schuldenfrei, die notwendigen Millionen zu beschaffen sei kein Problem.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2014)

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