Mit ihrem Steuerkonzept will die Industriellenvereinigung 168.000 neue Jobs schaffen und den "Faktor Arbeit" um 15 Mrd. Euro entlasten. Allerdings sollen auch mehr Niedrigverdiener Steuern zahlen.
Die Industriellenvereinigung schlägt in ihrem Steuerkonzept eine Entlastung von insgesamt etwa 15 Milliarden Euro vor. Zur Reform der Lohn- und Einkommenssteuer schlägt die IV in ihrem Papier mit dem Titel "FAIRSteuern" erneut die Einführung von fünf statt derzeit drei Steuerstufen vor. Umgesetzt werden soll das Konzept stufenweise von 2016 bis 2020. Trotz einer niedrigeren Steuerfreigrenze sollen alle Einkommensbezieher profitieren, so IV-Präsident Georg Kapsch am Donnerstag. Bis 2020 sollen durch die Reform 168.000 Jobs entstehen, so Kapsch.
"Das heimische Steuersystem ist widersprüchlich, unausgewogen und für die Unternehmen kaum noch administrierbar. Die Steuerlast ist viel zu hoch, der Faktor Arbeit bei weitem zu stark belastet. Wir verlieren so immer mehr an Wettbewerbsfähigkeit – die Gefährdung von Arbeitsplätzen ist die Folge."
Steuerfreigrenze senken
Die IV will künftig die Begünstigung des 13. und 14. Monatsgehalts streichen und in den Steuertarif einrechnen. Auch die Niedrigverdiener sollen zahlen: Die derzeit geltende Steuerfreigrenze von 11.000 Euro soll auf 9780 Euro gesenkt werden. Damit würde jeder, der brutto über dem Niveau der Mindestsicherung verdient, Steuern zahlen - allerdings mit einem niedrigeren Eingangssteuersatz als derzeit.
Denn das IV-Konzept sieht vor, die erste Steuerstufe deutlich zu senken - von derzeit (inklusive Weihnachts- und Urlaubsgeld) 32,1 Prozent auf zehn Prozent. Der reale Höchststeuersatz von 43,75 Prozent soll beibehalten werden, allerdings erst ab 100.000 Euro brutto.
Derzeit gilt ein Höchststeuersatz von 50 Prozent ab 60.000 Euro; die 43,75 Prozent sind der reale Steuersatz für Einkommensteile ab 70.000 Euro Jahresbrutto bei Einrechnung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes.
Fünf Prozent Mehrwertsteuer für Lebensmittel
Weitere Entlastungen von fast einer Milliarde Euro soll eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel auf fünf Prozent bringen. Im Gegenzug sollen Steuerermäßigungen für Produktgruppen wie Pflanzen oder Tierfutter abgeschafft werden und 1,4 Milliarden einbringen. Die noch vor zwei Jahren vorgeschlagene Erhöhung der allgemeinen Mehrwertsteuer von 20 auf 22 Prozent ist für die IV offenbar kein Thema mehr.
Eine Reform der Unternehmenssteuern – die laut IV „nicht mehr wettbewerbsfähig“ sind - soll Unternehmen mit 950 Millionen Euro entlasten.
Finanziert werden soll die Steuerentlastung über ausgabeseitige Reformen . Außerdem rechnet die IV mit einer "Selbstfinanzierung" der Reform.
AK: Kritik an "Entlastung der Spitzeneinkommen"
Kritik an den Vorschlägen kam wenig überraschend von der Arbeiterkammer. AK-Präsident Rudolf Kaske sah lediglich eine "Entlastung der Spitzeneinkommen, während die unteren Einkommen zusätzlich belastet statt entlastet werden". Kritik übte er daran, dass die IV die Lohnsteuer künftig "bei noch niedrigeren Einkommen als bisher" ansetzen will. Kritisch äußerte sich Kaske auch zu den Gegenfinanzierungs-Vorschlägen der IV. Es dürfe keinen "Kahlschlag bei Pensionen, im Sozial- und Gesundheitssystem" geben. Auch verwehrte sich Kaske gegen ein "Abwürgen der Konjunktur durch neue Sparpakete".
Die ablehnenden Haltung der IV gegenüber Vermögenssteuern versteht der AK-Chef nicht: In Österreich sei der Faktor Arbeit extrem stark belastet, Vermögen dagegen kaum.
Attac: "Retrokapitalismus"
Von einem "Retrokapitalismus", "der uns in die Wirtschaftskrise gestürzt hat", sprach Gerhard Zahler-Treiber von Attac Österreich. Die von der IV angegeben rund 15 Milliarden Euro an Einsparungen seien "absurd": "Das geht zu Lasten der Schwächsten der Gesellschaft, da vor allem der Gesundheits- und Sozialbereich davon betroffen ist."
(APA/Red.)