OMV-Chefetage wird abgespeckt

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ARCHIVBILD: OMV AG-CHEF GERHARD ROISS(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Nächste Woche werden zwei OMV-Vorstände verabschiedet. Nachbesetzt dürfte nur einer werden. Ganz wie es Gerhard Roiss geplant hatte. Schwacher Trost für den scheidenden OMV-Chef.

Wien. Es war ein Paukenschlag. Wie berichtet muss OMV-Chef Gerhard Roiss vorzeitig gehen und reißt seinen Kontrahenten im Vorstand, den Deutschen Hans-Peter Floren, gleich mit. Damit steht der größte Konzern des Landes plötzlich ohne Führung da. Denn auch der Explorationsvorstand – und heimliche Kronprinz –, Jaap Huijskes, wird früher gehen als geplant. Nur Finanzchef David Davies und Manfred Leitner, zuständig für Raffinerien und Marketing, dürften ihre Verträge zur Gänze erfüllen.

„Dafür hätte man die OMV nicht privatisieren müssen“, ätzte Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger am Freitag. Es sei „unprofessionell“, den Machtkampf aus der Chefetage in die Öffentlichkeit zu tragen und derart eskalieren zu lassen, dass letztlich das Unternehmen und seine 27.000 Mitarbeiter darunter leiden. Kritik übt er auch an OMV-Aufsichtsratschef Rudolf Kemler, der als ÖIAG-Chef die Interessen der Republik Österreich als 31,5-Prozent-Eigners des Unternehmens wahren sollte.

FMA muss noch zuwarten

Offiziell besiegelt wird der Abgang der Streithähne Roiss und Floren erst bei der OMV-Aufsichtsratssitzung kommenden Dienstag. Dann dürfte es für den bisherigen Vorstand noch einmal heikel werden, denn ist die Entscheidung offiziell, wird wohl auch die Finanzmarktaufsicht FMA prüfen, ob das Management nicht früher davon gewusst hat und ihre Aktionäre unverzüglich hätte informieren müssen. Die nähere Zukunft könnte aber auch noch eine andere Überraschung für alle Beteiligten bereithalten. Wie die „Presse“ erfahren hat, dürfte das Unternehmen kommende Woche zwar zwei Vorstände verabschieden, will aber nur einen von ihnen nachbesetzen.

Angesichts der wirtschaftlich tristen Lage ist eine Verkleinerung des Vorstands leicht zu argumentieren. Denn eines blieb in den vergangenen turbulenten Wochen stets klar: Probleme hat die OMV auch ohne Kleinkrieg im Vorstand mehr als genug. Der Gewinn brach angesichts der politischen Wirren in Libyen zum Halbjahr um die Hälfte ein, der Aktienkurs schmierte seit Sommer um ein Viertel ab und das Gasgeschäft ist kaum noch existent.

Schuld daran ist zwar weniger der zuständige Vorstand Hans-Peter Floren als die Marktsituation, dennoch hält sich die Debatte, ob die OMV noch einen eigenen Gasvorstand braucht, hartnäckig.

Geht es nach dem in Ungnade gefallenen Gerhard Roiss, ist die Antwort eindeutig: „Wir haben Handlungsbedarf“, blieb er offiziell stets diplomatisch. Inoffiziell hieß die Devise: Die Gassparte muss weg – und mit ihr der ungeliebte Floren.

Ironie der Geschichte

Da störte es wenig, dass Roiss bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren noch versprochen hatte, die Gassparte der OMV bis 2020 fast zu verdoppeln. Jetzt sei sie ein Klotz am Bein, also müsse sie weg. Argumente für diesen Strategieschwenk holte sich Roiss auch von den Beratern McKinsey, die – ganz in seinem Sinne – zur Neuordnung des Gasgeschäfts rieten. Die Produktion wäre in den Händen von Explorationsvorstand Jaap Huijskes gelandet, der Vertrieb in jenen von Marketingvorstand Manfred Leitner.

Einige Argumente für diese Vereinfachung der Struktur sind durchaus schlüssig. Doch die ungeschickte Vorgangsweise von Roiss wurde ihm zum Verhängnis. Nachdem ein erster Anlauf im Aufsichtsrat gescheitert war, legte er kürzlich mit dem McKinsey-Plan nach. Im Kontrollgremium erhärtete sich so aber der Eindruck, dass er nur einen Grund suchte, um seinen Kontrahenten aus dem Konzern zu boxen.

Nun dürfte es letztlich wirklich ein Vorstand weniger werden. Darüber, wie die Agenden nach der Verkleinerung aufgeteilt werden, wird im Konzern noch heftig debattiert. Es ist möglich, dass die Gassparte formal sogar erhalten bleibt, um Roiss keinen späten Sieg zu gönnen. Wird sie aber doch aufgeteilt und der zuständige Vorstand eingespart, wäre die Ironie der Geschichte perfekt: Der Oberösterreicher Gerhard Roiss hätte sich mit seinem Kurs am Ende doch noch durchgesetzt. Nur er selbst, der Kapitän, wäre nicht mehr an Bord.

AUF EINEN BLICK

Mit dem plötzlichen Abgang von Konzernchef Gerhard Roiss und Gasvorstand Hans-Peter Floren findet der Machtkampf der beiden OMV-Manager ein unrühmliches Ende.

In Zukunft muss der Mineralölkonzern wohl mit weniger Chefs auskommen. Eine Verkleinerung des Vorstands wird diskutiert. Damit könnte Gerhard Roiss die Erfüllung seines Wunsches, das Ende der Gassparte, wenigstens aus der Ferne erleben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2014)

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