AUA: Bildet Al Jaber Kern der Österreich AG?

(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Privatisierung. Die AUA startet die beschlossene Kapitalerhöhung, der Scheich könnte doch mitziehen.

Wien. Mitte Mai ist der Traum der AUA vom Geld aus dem Morgenland geplatzt: Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber hat seinen Plan, für eine Kapitalspritze von 150 Mio. Euro 20 Prozent der AUA-Aktien zu kaufen, zurückgezogen, weil er sich von der AUA-Spitze über die Ertragslage in die Irre geführt fühlte. Gegenseitige Klagen, die noch anhängig sind, folgten.

Jetzt könnte der Scheich doch noch AUA-Aktionär werden. Denn die AUA startet am Montag jene am 7. Mai von der Hauptversammlung beschlossene Kapitalerhöhung, über die Al Jaber bei der AUA einsteigen sollte. Für die AUA und die ÖIAG ist das „ein reiner Formalakt“, um die rechtlichen Ansprüche gegen Al Jaber zu wahren. „Als börsenotierte Kapitalgesellschaft sind wir an die Beschlüsse der Hauptversammlung gebunden und dazu verpflichtet, die Ansprüche im Sinne der Aktionäre zu wahren“, ließ die AUA am Freitag wissen.

Preis wenig attraktiv

Da der Bezugspreis mit 7,10 Euro festgelegt worden ist – die AUA-Aktie trotz kräftigen Kursgewinnen aber nur bei rund 4,70 notiert, schließen Beobachter aus, dass jemand mitzieht. Nicht einmal für bestehende AUA-Aktionäre, denen für 1000 Aktien ein Vorzugspreis von 4,89 Euro je Aktie geboten wird, sei dies wirklich reizvoll, hieß es in Finanzkreisen zur „Presse“. Außer für einen: Al Jaber. In der Gerüchteküche, die gleich nach Bekanntwerden der Kapitalerhöhung heftig zu brodeln begann, kursieren dazu zwei Szenarien:
•Der Scheich könnte hoch pokern, die Kapitalerhöhung um 7,10 zeichnen und darauf setzen, dass die AUA teurer an einen strategischen Partner verkauft wird. Laut Vertrag mit der ÖIAG muss der saudisch-österreichische Geschäftsmann seine Aktien nämlich wieder verkaufen, wenn die AUA privatisiert wird. Was bekanntlich gerade passiert. Al Jaber wurde garantiert, dass er für den Fall des Verkaufs zumindest den Einstiegspreis von 7,10 Euro erhält. Erzielt die ÖIAG einen höheren Verkaufspreis, bekommt auch Al Jaber mehr. Kein schlechtes Schnäppchen für eine möglicherweise nicht einmal zwei Monate laufende „Veranlagung“, ätzte ein Banker, der Al Jaber die Aktion durchaus zutraut. Allein schon „um die AUA zu ärgern“. Der Scheich muss allerdings das Investment von 150 Mio. Euro finanzieren, wofür er einen Aktienkurs von rund fünf Euro braucht, um die Kapitalkosten in Grenzen zu halten. Das könnte gelingen – die AUA-Aktie steigt gerade kräftig.
•Al Jaber könnte aber auch bei der AUA investiert bleiben, lautet das heißeste Gerücht: Der Scheich könnte nämlich den Kern jenes Österreich-Konsortiums bilden, das laut Privatisierungsauftrag nach dem Verkauf der AUA an einen strategischen Partner die Sperrminorität halten soll. Dieser Überraschungscoup käme der ÖIAG zupass: Sie hätte den österreichischen Kernaktionär, der sich bis dato zwischen Boden- und Neusiedlersee kaum abzeichnet. Al Jaber besitzt außerdem die österreichische Staatsbürgerschaft. Aus dem Umfeld von Al Jaber gab es dazu keine Stellungnahme.
•Für einen Einstieg des Scheichs machen sich dem Vernehmen nach vor allem die Gegner eines Einstiegs der Lufthansa bei der AUA stark. Al Jaber würde die Deutschen doch abschrecken, lautet das Kalkül, hinter dem noch eine andere Hoffnung stecken soll: Al Jaber wird zugetraut, die Qatar Airways an Bord zu holen.

Ob dieser Plan aufgeht, wird sich bald zeigen. Noch bis morgen, Sonntag, können potenzielle Käufer ihr Interesse bei der ÖIAG und der mit dem AUA-Verkauf beauftragten Investmentbank Merrill Lynch deponieren. Bisher haben sich nur zwei Fluglinien offiziell deklariert: Air France/KLM und Turkish Airlines. Dass die Lufthansa, die von der ÖIAG und dem AUA-Vorstand favorisiert wird, auch dabei ist, gilt als selbstverständlich.

Sehr straffer Zeitplan

Bis zur letzten Minute überlegt die Air China. Der sehr straffe Zeitplan biete einer mit der europäischen Luftfahrt nicht so vertrauten Airline wenig Möglichkeiten, sich in die Materie zu vertiefen, heißt es im Umfeld der äußerst vorsichtigen Chinesen. Möglicherweise wolle man Air China gar nicht.

In der Tat haben Interessenten nicht viel Zeit, um ein unverbindliches Angebot zu legen. Nach Erhalt erster Informationen über die AUA müssen sie bis 12. September ihre Konzepte präsentieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2008)

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