Tourismus: Sölden will auch ohne Russen glänzen

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Die politischen Spannungen und der schwache Rubel machen Österreich als Reisedestination für Russen weniger attraktiv. Zuletzt waren die Umsätze im Wintertourismus rückläufig.

Sölden. Skiweltcupauftakt in Sölden, das bedeutet für die ansässigen Touristiker auch den Start in die Wintersaison. Lokale und nationale Tourismusgrößen geben sich ein Stelldichein am Pistenrand, um die Werbetrommel für den österreichischen Wintertourismus zu rühren.

Sölden, nach Wien und Salzburg mit 2,3 Millionen Nächtigungen österreichweit auf Platz drei, kann in dieser Saison mit einer neuen Attraktion aufwarten. Das Restaurant Ice Q auf dem Gipfel des Glaisachkogels (3048 Höhenmeter) will architektonisch wie kulinarisch das übliche Skihüttenflair weit hinter sich lassen – mit einer modernen Stahl-Glas-Konstruktion und gehobenem gastronomischen Anspruch.

Unter den Einheimischen ist das Projekt umstritten – zu kühl, zu elitär, nur etwas für reiche Russen, heißt es. Gerade die russischen Gäste bleiben aber schon seit einiger Zeit aus. In Sölden, wo die Russen rund zehn Prozent des Gästeaufkommens ausmachen, ist das besonders schmerzlich. Rückgänge sind in ganz Österreich zu verzeichnen. Im heurigen Jahr nächtigten um 8,2 Prozent weniger Russen in Österreich als im Vorjahr.

Schwacher Rubel

Und die Lage bleibt schwierig: „Wir stellen fest, dass in Russland die Nachfrage nach Inlandsdestinationen wie Sotschi steigt“, sagt Petra Stolba, Chefin der Österreich Werbung. Das liege an den politischen Spannungen mit Europa und am schwachen Rubel. Etliche russische Reiseveranstalter hätten wegen der schwierigen Lage Konkurs angemeldet.

Auch für die kommende Saison sei die Nachfrage „verhalten“, sagt Stolba. Rückläufig waren im vergangenen Winter nicht nur die Nächtigungen aus Russland, es kamen auch weniger Deutsche und Holländer nach Österreich, was zum Teil dem ausbleibenden Schnee geschuldet war. Insgesamt gingen die Umsätze aus dem Wintertourismus von zwölf Mrd. Euro auf 11,8 Mrd. Euro zurück– was umso schlimmer ist, als der Winter bei der Umsatzstärke schon länger die bedeutendere Saison ist.

Der Rückgang der deutschen Gäste ist ein längerfristiges Phänomen: In den vergangenen 20 Jahren ist ihr Anteil von 51 auf 38 Prozent geschrumpft. Zu den wichtigsten Herkunftsländern zählen nach Deutschland und Österreich aktuell die Niederlande, Großbritannien, Belgien, Tschechien, Russland und Polen.

Viele Seilbahnen nicht rentabel

Einen Umsatzrückgang hatten im vergangenen Winter auch die österreichischen Seilbahnen zu verzeichnen (von 1,25 Mrd. Euro 2012/13 auf 1,21 Mrd. Euro 2013/14). Während viele kleinere Skigebiete um ihre Existenz bangen, weil die Seilbahnen nicht mehr rentabel zu betreiben sind, investieren große Skiregionen wie Sölden laufend in ihre Infrastruktur. Im Winter 2014/15 werden die gesamten Investitionen der österreichischen Seilbahnen rund 514 Mio. Euro betragen. 131,8 Mio. Euro davon fließen allein in Beschneiungsanlagen. Viele Skigebiete investieren derzeit auch in ein flächendeckendes WLAN. Im Zeitalter der Selfies sei das nämlich das günstigste Marketing, sagt Franz Hörl, Obmann des Fachverbandes der österreichischen Seilbahnen.

Das Budget der Österreich Werbung, um Österreichs Marktführerschaft unter den europäischen Winterdestinationen zu behaupten – jeder sechste Skitag in Europa findet in Österreich statt – beträgt jährlich 14 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2014)

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