Bis zu 100 Milliarden für Österreichs Banken

Gusenbauer und Molterer
Gusenbauer und Molterer(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Staatsgarantien: Erste Bank und RZB schließen nicht aus, Teile des Rettungspakets in Anspruch zu nehmen. Nur dann würden echte Kosten für den Steuer-Zahler entstehen.

Wien(höll). Die Regierung bereitet sich nun auch in Österreich darauf vor, dass Banken zusammenbrechen könnten. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) präsentierten am Montag ein nationales Rettungspaket, das in der Geschichte des Landes einmalig ist. Der Staat stellt dem Finanzsektor direkt 100 Mrd. Euro an Garantien zur Verfügung. Die Dimension lässt aufhorchen. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt lag in Österreich im Vorjahr bei 270 Mrd. Euro. Und die Steuerreform, über die zuletzt heftig gestritten wurde, soll drei Mrd. Euro ausmachen.

Gusenbauer geht aber davon aus, dass die Garantien für die Banken nicht schlagend werden. „Es handelt sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme“, versichert der Kanzler. Das Rettungspaket besteht aus vier Punkten:
•15 Mrd. Euro sind vorgesehen, damit der Staat direkt bei angeschlagenen Banken einsteigt. Um diesen Betrag könnte die Regierung gleich einige große Finanzhäuser übernehmen. Die Erste Bank, das größte Institut an der Wiener Börse, war gestern 7,8 Mrd. Euro wert. Raiffeisen International, die Osteuropa-Tochter der RZB, kommt auf 4,6 Mrd. Euro.

Bankeneinstieg über ÖIAG

Für den Bankeneinstieg wird die staatliche Industrieholding ÖIAG eine eigene Tochter gründen. Benötigt eine Bank Geld, kauft die ÖIAG über eine Kapitalerhöhung deren Aktien. Wenn nötig, werde der Staat laut Molterer auch Eigentümer- und Mitwirkungsrechte bei den einzelnen Instituten wahrnehmen.
•Mit 85 Mrd. Euro will die Regierung dem zuletzt ausgetrockneten Interbanken-Handel auf die Sprünge helfen. Das bedeutet konkret, dass der Staat für Kredite bürgt, die sich die Banken untereinander geben. Derzeit borgen die Banken einander kaum noch Geld.

Mit den Staatsgarantien soll das Geschäft wieder ins Laufen gebracht werden. Dazu wird bei der Kontrollbank eine eigene „Clearingstelle“ eingerichtet. Diese Gesellschaft wird mit einer Haftung des Staates ausgestattet und reicht die Gelder an jene Banken weiter, die einen Liquiditätsbedarf aufweisen.
•Einlagensicherung: Wie in der Vorwoche berichtet, übernimmt der Staat eine Garantie über alle Spareinlagen in voller Höhe. Bislang machte die gesetzliche Einlagensicherung nur 20.000 Euro aus. Diese Garantie ist noch einmal hunderte Milliarden Euro wert.
•Ab sofort sind an der Wiener Börse Wetten auf fallende Kurse, im Fachjargon „Short Selling“ genannt, verboten.

Sondersitzung im Parlament?

Das Gesetz soll so rasch wie möglich im Parlament verabschiedet werden. Eine Sondersitzung des Nationalrats – die nächste reguläre wäre erst am 28. Oktober – gilt als wahrscheinlich. Laut Gusenbauer wird es darüber heute Gespräche mit der Opposition geben.

Die Banken begrüßen das Rettungspaket. Dies ist bemerkenswert, da noch in der Vorwoche einige Generaldirektoren betonten, dass Staatsgarantien nicht notwendig sind. Die Erste Bank behält sich ausdrücklich vor, die von der Regierung gebotenen Maßnahmen „genau zu prüfen“ und von jenen Instrumenten, die für das Institut sinnvoll seien, Gebrauch zu machen. Ähnlich lautet die Reaktion der RZB.

(c) Die Presse / HR
(c) Die Presse / HR

Aus Sicht von Hannes Androsch, dem ersten wirtschaftspolitischen Berater von SPÖ-Chef Werner Faymann, komme das Rettungspaket zwar spät, aber immerhin. Laut Androsch brauche es angesichts des drohenden Abschwungs nun aber auch ein Programm zur Belebung der Konjunktur. Wienerberger-Chef Wolfgang Reithofer kritisiert die Milliardenhilfen. Denn damit werde das unverantwortliche Verhalten der Finanzbranche belohnt.



("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2008)

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