Österreich: Bankenpaket ohne Auflagen

(c) Www.bilderbox.com
  • Drucken

Politik beschließt Milliardenhilfe für die Banken – und mischt sich nicht ein. Ein Einstieg des Staates wird voraussichtlich mit Partizipationsscheinen oder stimmrechtslosen Vorzugsaktien erfolgen.

Wien (höll.). „Wir schenken den Banken nichts“, versicherte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am Montag in einer Sondersitzung des Nationalrats, wo das milliardenschwere Hilfspaket für die Finanzbranche beschlossen wurde. Noch ist aber offen, welche Banken die Finanzspritze in Anspruch nehmen werden. Im Parlament machte gestern das Gerücht die Runde, dass die fünf größten Institute (Bank Austria, Erste Bank, RZB, Volksbanken und Bawag) in einer konzertierten Aktion um die Milliardenhilfe ansuchen wollen. Dies wurde aber später in Abrede gestellt.

Auf Wunsch vieler Bankdirektoren hat die Regierung dem Gesetz einige Giftzähne gezogen. Viele Banker hatten nämlich Angst, dass sich der Staat als künftiger Miteigentümer zu stark in die Geschäfte einmischen könnte. Nur über seine Leiche werde er eine Staatsbeteiligung akzeptieren, ließ daraufhin Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad ausrichten.

Geld ohne Stimmrechte

Nun wurde ein Kompromiss geschaffen, mit dem auch die Kritiker unter den Bankern leben können: Ein Einstieg des Staates wird voraussichtlich mit Partizipationsscheinen oder stimmrechtslosen Vorzugsaktien erfolgen. Das bedeutet, dass der Staat wie die übrigen Aktionäre eine Dividende bekommt, aber keine Stimmrechte ausüben darf.

Das ist auch der größte Unterschied zwischen Österreich und Deutschland. Bei unseren Nachbarn ist ein rettender Einstieg bei den Banken an hohe Auflagen gebunden. „Wir haben das Gesetz ganz bewusst sehr offen formuliert, damit sich die Institute die Form der Staatsbeteiligung aussuchen können“, war in Regierungskreisen zu hören. Dies sorgte für Kritik der Opposition. Diese fordert mehr Transparenz und eine Begrenzung der Vorstandsgagen.

Erste Bank prüft, RZB lehnt ab

Noch nicht ausgeräumt ist ein anderer Stolperstein: Keine Bank will bei den staatlichen Milliarden vorpreschen. Denn dies könnte in der Öffentlichkeit als Schuldeingeständnis gewertet werden, besonders große Probleme zu haben. Um das Mikado-Prinzip „Wer sich zuerst bewegt, hat verloren“ zu vermeiden, wollen sich nun angeblich mehrere Konzerne zusammentun.

Noch ist unklar, wer in der ersten Welle dabei sein wird. Die Erste Bank zeigt sich grundsätzlich aufgeschlossen: „Wir schauen uns das Paket an und prüfen die Details. Es gibt noch offene Fragen“, sagte ein Erste-Bank-Sprecher. Die Raiffeisen Zentralbank (RZB) hat sich dagegen schon festgelegt: „Wir sind ausreichend kapitalisiert und ertragsstark. Daher gibt es auch keine Pläne, gemeinsam mit anderen Banken einen Kapitalzuschuss der Republik in Anspruch zu nehmen“, erklärte ein RZB-Sprecher.

Zweiter Vorstand für ÖIAG

Laut Bundeskanzler Alfred Gusenbauer geht der Staat mit dem Rettungspaket ein geringes Risiko ein. Da die Kurse von Bankaktien derzeit niedrig seien, könne man günstig einsteigen und die Anteile nach Beendigung der Krise teuer verkaufen.

Eine Beteiligung wird über die staatliche Industrieholding ÖIAG erfolgen. Diese soll dafür einen zweiten Vorstand bekommen. Im Gespräch ist der frühere Bank-Austria-Vorstand Franz Zwickl.

Das Rettungspaket ist 100 Mrd. Euro schwer. Davon sind 15 Mrd. Euro für den Einstieg bei Banken vorgesehen. Weitere 75 Mrd. Euro werden für die Belebung des Interbankenmarktes zur Verfügung gestellt. Die restlichen zehn Mrd. Euro dienen als Garantie für die Einlagensicherung.

AUF EINEN BLICK

Das Milliarden-Hilfspaket für die österreichischen Banken ist im Nationalrat beschlossen worden. Gerüchte, dass alle fünf Großbanken um Hilfe ansuchen werden, wurden in Abrede gestellt.

Der Einfluss des Staates wird stark beschränkt. Der Staat wird Aktionär, hat aber keine Stimmrechte.

(c) Die Presse / LB

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.