Voest lebt „von der Hand in den Mund“

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Wegen eines starken Nachfrage-Rückgangs kündigte die Voestalpine eine Ausweitung der Kurzarbeit an. Auch Einschnitte im Stamm-Personal werden nicht mehr ausgeschlossen.

Wien (hie/APA).Die Wirtschaftskrise setzt dem Stahlkonzern Voestalpine schwer zu. Die Auslastung liegt nur noch bei 70 Prozent im Vergleich zu den Herbstmonaten. „Im Moment leben wir von der Hand im Mund“, sagte Vorstandschef Wolfgang Eder in einer Telefonkonferenz. Um auch im kommenden Geschäftsjahr (ab 1. April) ein positives Ergebnis erzielen zu können, sind weitere Kürzungen der Personalkosten geplant.

Allem voran soll die Kurzarbeit ausgeweitet werden. Bei Böhler Bleche in Mürzzuschlag (über Böhler-Uddeholm in Voest-Besitz) werden ab kommendem Montag alle 406 Mitarbeiter kurzarbeiten. Konzernweit sind derzeit 7600 (von knapp 42.000 Voest-Mitarbeitern) in Kurzarbeit. In der Voest will zwar niemand konkrete Zahlen nennen, laut Konzernsprecher Peter Schiefer sei eine Ausweitung aber wahrscheinlich. Sowohl was die Anzahl der betroffenen Mitarbeiter als auch die Dauer der Kurzarbeit betrifft.

Zudem könnte die Zahl der Stammbelegschaft weiter verringert werden. „Wir können Eingriffe nicht ausschließen“, meint Schiefer. Schließlich sei nicht davon auszugehen, dass sich die konjunkturelle Lage rasch bessern werde. Etwa 560 Stellen werden oder wurden bereits gestrichen. Die Zahl der Zeitarbeiter wurde von ursprünglich 4000 auf rund 2500 zurückgeschraubt, mindestens 500 sollen noch dazukommen. Laut Vorstandschef Wolfgang Eder sollten aber „so viele Mitarbeiter wie möglich“ in Beschäftigung gehalten werden.

Autokrise dämpft Auslastung

In den gestern, Mittwoch, bekannt gegebenen Neun-Monats-Ergebnissen lässt sich der schwache Geschäftsverlauf noch nicht erkennen. Der Nettogewinn ist in den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahrs mit 0,9 Prozent nur leicht zurückgegangen und lag Ende Dezember bei 606,1 Mio. Euro. Das operative Ergebnis konnte um 12,3 Prozent auf 981,8 Mio. Euro gesteigert werden, im Halbjahr betrug der Zuwachs noch 27 Prozent. Die Umsatzerlöse lagen in den ersten neun Monaten bei 9,3 Mrd. Euro (plus 24,6 Prozent).

Mehr Stornos als neue Aufträge?

Vor allem die Krise im Automobilsektor trifft das Unternehmen hart: So ist diese Sparte nur noch zu 50 bis 60 Prozent ausgelastet. Etwa ein Viertel des Voest-Geschäfts ist der Autoindustrie zuzuschreiben, im Eisenbahn- und Energiesektor, auf den ein weiteres Viertel entfällt, liegt die Auslastung noch bei 90 Prozent. Andere Sparten, wie etwa der Nutzfahrzeugbau oder der Maschinenanlagenbau, seien ebenfalls rückläufig.

Gerüchte, denen zufolge die Voestalpine derzeit mehr Stornos als Auftragseingänge zu verzeichnen habe, weist Konzernsprecher Peter Schiefer zurück: „Wir gehen davon aus, dass wir eine Auslastung von 70 Prozent im Jahresschnitt halten können.“

Wegen des Nachfragerückgangs rechnet die Voest für das per Ende März auslaufende Geschäftsjahr 2008/09 erstmals seit Jahren mit einem rückläufigen Betriebsergebnis um gut zehn Prozent auf rund eine Milliarde Euro. Im Jahr davor konnte die Voestalpine noch ein Ergebnis von 1,15 Mrd. Euro einfahren.

Weniger Dividende

Auch Ludwig Scharinger, Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und Vize-Aufsichtsratspräsident der Voest, dementierte die kolportierten „Horrorszenarien“, wies aber darauf hin, dass es „ohne Sozialpläne nicht gehen wird“. Man stelle sich außerdem auf weniger Dividende ein. Vergangenes Jahr lag sie bei 2,10 Euro pro Aktie. Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich hält mit Fonds und in Direktbesitz als Bank über 15 Prozent der Voest-Aktien und ist damit der größte Einzelaktionär. Über einen Ausstieg werde laut Scharinger nicht nachgedacht.

Auf einen Blick

Die Voestalpine hat weltweit mehr als 360 Produktions- und Vertriebsgesellschaften in 60 Ländern und beschäftigt knapp 42.000 Mitarbeiter, überwiegend außerhalb Österreichs. Der Stahlproduzent und Autozulieferer bekommt die Wirtschaftskrise immer stärker zu spüren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2009)

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