Web Summit 2014: "Fantastisch, hier zu sein"

IRELAND WEB SUMMIT 2014
IRELAND WEB SUMMIT 2014APA/EPA/PAUL MCERLANE
  • Drucken

Der Web Summit in Dublin ist Europas größte Innovations- und Tech-Konferenz. Auf ihr sind Internetgrößen wie Google vertreten – und, ja, auch Bono, Sänger von U2, kam vorbei.

Es rauscht am anderen Ende des Telefons. „Lassen Sie mich kurz rausgehen, es ist hier so viel los.“ Helmut Herglotz von Sofasession klingt etwas gestresst. Am zweiten Tag des Web Summit in Dublin ist der CEO der Online-Jam-Session-Plattform für Musiker ziemlich eingeteilt. Nachdem das Start-up diesen Herbst von einem Wiener Business Angel eine sechsstellige Kapitalspritze erhalten hat, kann Sofasession jetzt beim Summit weitere Erfolge verbuchen: Das Team wurde von Google zu einem Workshop eingeladen und „der fängt jetzt gleich an“.

Vergangenen Dienstag bis Donnerstag hat der Web Summit, die größte Tech- und Innovationsmesse Europas, in Dublin stattgefunden. Unter den 22.000 Teilnehmern und 1250 Start-ups war auch Österreich mit 40Firmen vertreten. Das Start-up Sofasession war einer von elf Teilnehmern, die sich mithilfe von Advantage Austria (einer Initiative der Wirtschaftskammer Österreich) das 1400 Euro teure Ticket zur Konferenz leisten konnten.

Denn der Web Summit ist auch für heimische Start-ups wichtig. Große Namen aus der Tech-Szene, bei denen man für gewöhnlich schwer einen Termin bekommt, begegnen einem hier bei Gesprächen auf dem Gang. Und nicht nur das: Sowohl Sofasession als auch das österreichische Start-up Secure-Beam, das sichere Cloud-Lösungen entwickelt, konnten sich für den „Pitch“-Wettbewerb qualifizieren. Neben 200 anderen Kandidaten konnten sie ihre Idee vor einem Investorenpanel aus Risikokapitalgebern, Unternehmern und einem Expansionsmanager von Coca-Cola präsentieren – alles vor Publikum. Anschließend gab es Fragen und Feedback. „Wir haben danach auch viele Anfragen bekommen“, erzählt Herglotz. Zwei Investoren zeigten ernsthaftes Interesse an der Firma. Weiters wurden sie von zwei Start-up-Accelerator-Programmen in den USA und in den Niederlanden eingeladen.

Während Publicity bei den Massen an Tech-Reportern auf dem Kongress ein wesentlicher Bestandteil des Besuches ist, ist der andere das Netzwerken und Knüpfen von Kontakten. Neben den Workshops, Wettbewerben und Gesprächen gibt es freilich auch die Vorträge der großen Stars der Szene. Und manch einer ist auf dem Festival zu finden, den man vielleicht gar nicht erwartet hätte. Herglotz hätte jedenfalls gerne mit U2-Sänger Bono gesprochen, der repräsentativ für Elevation Partners, eine berühmte Venture-Capital-Firma aus Palo Alto, am Summit einen Auftritt hatte.

Die Helden der Szene. „Es ist fantastisch, hier zu sein“, sagt auch Christian Adelsberger, CEO von Parkbob, einer mobilen Lösung, die das Parkplatzfinden in Städten erleichtern soll. „Wir haben einige konkrete Gespräche gehabt, zum Beispiel hat uns Web Summit eingeladen, an einem kleinen Round-Table-Gespräch zu Smart Cities mit Experten der Stadtverwaltungen von Hongkong, Barcelona und Groningen in den Niederlanden teilzunehmen.“

Wilhelm Nest von Advantage Austria bringt schon zum zweiten Mal Start-ups nach Dublin. Und bemerkt auch, dass das rasant wachsende Event (im Vorjahr waren es etwa „nur“ 10.000 Teilnehmer) von Jahr zu Jahr besser organisiert wird. Im vergangenen Jahr wurden etwa „Software, Hardware und Serviceleute in einen Topf geworfen“. Heuer seien die Hallen thematisch aufgeteilt gewesen. Das hätte den Vorteil, dass Firmen von Interessierten leichter gefunden werden.

Nest glaubt stark an den Nutzen des Dubliner Auftritts. „ Geschäftspartner können aus den USA stammen, aus Großbritannien, Irland oder Israel, es sind 110 Länder hier vertreten.“ Für heimische Gründer sei Expansion der erste Schritt, um ein international anerkanntes Produkt zu entwickeln.

Wer fällt auf? Seine Expansion könnte das Linzer Start-up LingoHub vorantreiben. Die Besucher des Summits sind für das Start-up wichtige Kunden. LingoHub hat eine Übersetzungssoftware für digitale Inhalte entwickelt. Auf dem Summit setzt Chef Helmut Juskewycz auf Networking und Kundengewinnung, weil er weiß, dass B2B-Übersetzungslösungen für Nominierungen oder vor Ort durchgeführte Wettbewerbe einen eher niedrigen Coolness-Faktor haben. „Bei den Nominierungen geht es oftmals darum, dass das Produkt sexy für die Massen ist, Produkte für den Konsumenten sind da ganz vorne.“ Juskewycz freut sich unterdessen darüber, das Wiener Team von Cortical getroffen zu haben. Cortical hat eine Software für sprachenübergreifende Textanalyse entwickelt, die LingoHub einsetzen könnte.

Wilhelm Nest hofft, dass alle Gründer mit guten neuen Kontakten nach Hause fahren: „Dann haben wir unser Ziel erreicht.“ Die Start-ups nehmen freilich nicht nur Visitenkarten und Ideen vom Summit mit, sondern oft auch eine neue Einstellung. Christian Adelsberger von Parkbob nennt den Summit jedenfalls „etwas Besonderes“. Etwas, das er im deutschsprachigen Raum noch nicht erlebt hat. Eine „unglaublich positive, vorwärts gerichtete Stimmung“, von der er sich gerne anstecken hat lassen.

Web Summit

2010 wurde der Summit vom Iren Paddy Cosgrave gegründet. Zur ersten Veranstaltung 2010 kamen 500 Menschen.

2011
waren es bereits 1500 Besucher, 2013 mehr als 10.000.

2014 kamen 22.000 Besucher zum Web Summit. Er gilt als Europas größte und wichtigste Tech- und Innovationsmesse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.