Stahlindustrie: Voest trotzt der Europa-Schwäche

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nach der Großinvestition der Voestalpine in Texas ist ein eigenes Edelstahlwerk in China um 140 Mio. Euro geplant. Auch die Pipeline South Stream könnte leicht verändert realisiert werden.

Wien. Bisher hat die Voestalpine – dank der Fokussierung auf Spezialstähle und Hightech-Produkte sowie der Kostenoptimierung um 900 Mio. Euro – der Konjunkturschwäche getrotzt. Was sich in einer Ergebnissteigerung um 26,6 Prozent auf 443 Mio. Euro in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2014/15 niederschlug. Obwohl Europa weiter schwächelt, gibt sich Konzernchef Wolfgang Eder positiv: Im gesamten Geschäftsjahr erwartet er weiterhin ein leicht über dem Vorjahresniveau von 792 Mio. Euro liegendes operatives Ergebnis (Ebit). Von Rekordwerten beim Ebit von 1,4 Mrd. Euro sei man meilenweit entfernt. Langfristig bleibe das aber ein Ziel, sagte Eder.

„Ich gehe auch nicht pessimistisch in das nächste Jahr“, betonte Eder am Dienstag bei der Präsentation der Quartalszahlen. Europa dürfte heuer die Talsohle durchschreiten. Sollte sich die Lage in Russland entspannen und keine neuen Probleme auftauchen, „lebt die Chance“, dass es im zweiten Halbjahr zu einer Belebung in Europa komme.

Große Pläne in China

Einen Schub erwartet sich Eder vom EU-Investitionspaket, das der Realwirtschaft mehr nützen dürfte als die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank. Der niedrige Ölpreis sollte die Konsumenten entlasten und das Kaufverhalten ankurbeln, was der Konsumgüterindustrie guttun würde.

Große Investitionen tätigt die Voest dennoch außerhalb Europas. Nach der 550 Mio. Euro teuren Anlage in Texas, die in einem Jahr in Betrieb gehen soll, ist die nächste Großinvestition in China geplant: ein eigenes Edelstahlwerk um 140 Mio. Euro. Die endgültige Entscheidung soll noch in der ersten Jahreshälfte 2015 fallen. Derzeit würden Details verhandelt, das Werk soll mit einem chinesischen Partner entstehen. Schon im Bau sind zwei Fabriken für Autoteile für europäische Premiumanbieter. In Summe fließen nach China rund 200 Mio. Euro. „Wir sind dort aber noch lang nicht am Ende“, kündigte Eder an.

Wieder mehr in den Fokus rückt Indien, wo die Voest bereits 16 Standorte hat. Dort würde die Wirtschaftspolitik der neuen Regierung für einen Aufschwung sorgen.
Keineswegs ad acta gelegt hat die Voest auch das Pipeline-Projekt South Stream, dessen Bau der russische Präsident Wladimir Putin im Dezember gestoppt hatte. „Wir haben Indikationen, dass das Projekt in einer leicht geänderten Form realisiert werden könnte“, sagte Eder. Noch im Februar sollten Gespräche über Turkish Stream, wie die Pipeline nun genannt werde, weitergeführt werden. Die Trasse durch das Schwarze Meer sei zu zwei Dritteln mit dem ursprünglichen Konzept ident und soll im Großraum Istanbul auf europäischer Seite landen.

Die Voest hat im vorigen Sommer eine erste Lieferung an Spezialblechen abgewickelt. Von der zweiten Tranche im Volumen von 120.000 Tonnen seien 20.000 geliefert worden. Die Mengen für Jänner und Februar konnten anderwertig verkauft werden. „Wir werden in den nächsten Wochen sehen, ob es eine dritte und vierte Tranche gibt.“ Bisher seien dem Konzern keine Nachteile entstanden, „South Stream ist ein Projekt von vielen“. Im Markt wird das Volumen der bisherigen beiden Tranchen auf 200 Mio. Euro geschätzt.

Anders als traditionelle Stahlanbieter wie ThyssenKrupp oder Salzgitter treffen die Voest die Überkapazitäten in der europäischen Stahlindustrie kaum. Das ist der vor Jahren eingeleiteten Spezialisierung geschuldet. Die Voest hat sich von der reinen Stahlproduktion zu Hightech-Produkten wie Hochleistungsweichen, ganzen Autokarosserien und Nahtlosrohren für Tiefseepipelines hinbewegt. Die Voest-Aktie lag deutlich im Plus. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2015)

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