Novomatic-Chef: "Wir werden kein Angebot legen"

Die Presse (Clemens Fabry)
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Novomatic-Vorstandschef Harald Neumann will nicht in den aktuellen Bieterkampf um Anteile an den Casinos Austria einsteigen. Er hofft, dass er im Herbst im Wiener Prater ein eigenes Casino eröffnen kann.

Finanzminister Schelling will die Casinos Austria verstaatlichen und dann an die Börse bringen. Was halten Sie davon?
Harald Neumann: Grundsätzlich ist Schellings Plan gut. Die Eigentümerstruktur der Casinos Austria ist mit all den Syndikatsverträgen derart kompliziert, dass rasche Entscheidungen sehr schwierig sind. Das ist sicher ein großes Handicap.

Einige Eigentümer haben signalisiert, dass sie ihre Anteile verkaufen wollen. Mittlerweile gibt es nicht nur seitens des Finanzministers Kaufinteresse. Auch private Investoren wollen einsteigen.
Dabei muss aber meines Wissens die Regelung in den Syndikatsverträgen berücksichtigt werden. Wenn ein Angebot eines Externen vorliegt, dann kann in diesem Fall der Finanzminister zu diesen Bedingungen kaufen. Der Preis wird wohl aufgrund der neuen Angebote teurer werden.

Wird die Novomatic ein Angebot legen?
Wir werden kein Angebot legen.

Das war auch nie eine Überlegung wert?
Wir haben uns das sehr wohl überlegt. Aber wir bieten nicht gegen den Finanzminister. Unsere Akquisitionsziele liegen eher im Ausland. Österreich ist kein so großer Markt, um ein paar hundert Millionen Euro investieren zu wollen. Falls wir gefragt werden – was jetzt nicht der Fall war –, wären wir aber durchaus bereit, mit einer Minderheitsbeteiligung einzusteigen.

Sie haben gesagt: „Wir bieten nicht gegen den Finanzminister.“ Der Finanzminister will die Casinos Austria an die Börse bringen. Wäre Novomatic dann bereit einzusteigen?
Das müssen wir uns dann ansehen. Ich kann jetzt nicht beurteilen, welche Eigentümerstrukturen dann herrschen werden und wie das Unternehmen aufgestellt sein wird.

Ihr Fokus liegt im Ausland. Warum ist es für Novomatic so wichtig, auch hierzulande neben den Automaten Roulette- und Blackjack-Tische zu haben?
Wir haben in Österreich unser Headquarter. Uns besuchen sehr viele Kunden und Geschäftspartner. Und es ist schon etwas mühsam, jedes Mal nach Tschechien fahren zu müssen, um ein Casino herzeigen zu können. Deshalb sind wir natürlich sehr daran interessiert, auch in Österreich eines zu haben. Wir haben vom Finanzministerium zwei Casino-Lizenzen für Wien und Bruck an der Leitha zugesprochen bekommen und warten nun darauf, dass diese Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wird.

Die Vergabe ist noch nicht über die Bühne. Die Casinos Austria hat dagegen berufen. Hat man Sie darüber informiert, wie lange es noch dauern wird, bis eine endgültige Entscheidung vorliegen wird?
Unsere Rechtsanwälte gehen davon aus, dass die Sache in den nächsten drei Monaten entschieden werden wird. Wir hoffen also, dass wir spätestens im Juli eine endgültige Entscheidung haben.

Und dann haben Sie alles, was Sie sich wünschen? Oder gibt es für Österreich weitere Pläne?
Es gibt auch noch Ausschreibungen in den Bundesländern, etwa in der Steiermark. Und wir hoffen, dass man in Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Wien doch zur Einsicht kommt, dass ein Verbot nicht unbedingt das Thema Glücksspiel beendet. In Wien formieren sich schon jetzt die illegalen Anbieter.

Da geht es aber um das sogenannte Kleine Glücksspiel. Aber zwei große Casinos würden Ihnen genügen?
Wir wären mit den zwei Casinos in Österreich zufrieden.

Kann das Casino im Prater das Verbot des Kleinen Glücksspiels in Wien kompensieren?
In Wien werden wir sicherlich ein Casino für den Wiener und nicht für die Touristen bauen. Da hegen wir schon die Hoffnung, dass Teile jener Gäste, die bisher das Kleine Glücksspiel aufgesucht haben, zu uns in den Prater kommen.

Inwiefern unterscheidet sich ein „Casino für den Wiener“ von einem für Touristen?
Der Wiener Prater ist sicher etwas bodenständiger als die Kärntner Straße oder das Palais Schwarzenberg. Ich bezweifle ja, dass die Leute, die bisher in den Spielhallen waren, jetzt ins Casino gehen. Das funktioniert nicht. Wenn wir in Wien alle Würstelstände verbieten, würden die Gäste dann auch nicht ins Steirereck oder Fabios gehen. Wir wollen deshalb eine Art Schweizerhaus machen und hoffen, dass dann auch Gäste vom Würstelstand dort hinkommen.

Aber hinkt der Vergleich mit Schweizerhaus und Steirereck nicht etwas? Immerhin kann man im Casino im Prater genauso hohe Einsätze spielen wie in den sogenannten elitären Casinos.
Es sind die gleichen Automaten, das ist richtig. Aber es spielt schon auch das Ambiente eine Rolle.

Aber eigentlich sollten nur jene ins Casino gehen, die es sich auch leisten können. Deshalb sollte es doch gewisse Hemmschwellen geben.
Es gibt ja strenge Zutrittskontrollen. Ich glaube, da geht es in erster Linie um eine Frage der Kultur. Casino ist in vielen Ländern auch ein Vergnügen für die breite Masse. Bei uns hat das Casino den Nimbus: Da kann man nur mit Smoking und mit viel Geld reingehen. Das ist ohnehin nicht mehr so. Es geht darum, um welchen Einsatz man spielt. Wir wollen kein Casino für High Roller (Spieler, die um besonders hohe Summen spielen, Anm.) sein, sondern eben für den Wiener.

Derzeit ist es im Automaten-Casino im Prater sehr ruhig. Es steht leer.
Es wartet auf die Casino-Lizenz. Wir haben dort alle Maschinen abgebaut und wegtransportiert. Wir müssten also alle Maschinen wieder aufstellen. Wir schätzen, dass wir drei Monate brauchen, bis das Casino wieder einsatzfähig ist. Wir werden dann Live-Gaming, also etwa Roulette- und Blackjack-Tische, haben und auch 350 Automaten. Sollten wir im Juli ein positives Signal erhalten, könnten wir im Oktober aufsperren. Aufgrund des Verbots in Wien mussten wir 200 Mitarbeiter kündigen. Weitere 70 beschäftigen wir weiter. Aber wenn dieser Bescheid nicht in absehbarer Zeit kommt, werden wir auch diese Mitarbeiter kündigen müssen. Wir können sie schließlich nicht auf Dauer beschäftigen, wenn wir keine Arbeit für sie haben.

270 Mitarbeiter haben nur im Automaten-Casino im Prater gearbeitet?
Wir haben einen Schichtbetrieb, 365 Tage im Jahr. Und viele Leute arbeiten hinter den Kulissen. Dass es hier auch um Arbeitsplätze geht, wird in der Diskussion übrigens kaum erörtert. Auch deswegen hoffen wir, dass es bald zu einer Entscheidung kommt.

Wie viele Spielautomaten stehen denn in Österreich herum?
Laut jüngsten Erhebungen sind es 8000. In ganz Europa sind es 1,6 Millionen Slot Machines, in den USA eine Million. In Großbritannien sind es 300.000, in Italien 400.000, in Deutschland und Spanien jeweils 250.000. Daran erkennt man auch die Wertigkeit des österreichischen Marktes. Deswegen konzentrieren wir uns auf Europa. Wir wollen in den großen europäischen Ländern Marktführer sein.

Wird die Slot Machine nicht irgendwann von der Spielhalle komplett ins Internet gewandert sein?
Das glaube ich nicht, obwohl wir mittlerweile ohnehin alles anbieten, also auch Lotterie und Online-Gaming. Letztlich geht es darum, Spielhalle und Internet zu verbinden. Denn der Spieler, der ein gewisses Spiel in der Halle gespielt hat, will es auch auf dem Handy spielen. Wir haben in den großen Ländern überall eine eigene Produktion und Technologiezentren. Mit dem Glücksspiel verhält es sich ähnlich wie bei den Medien: Es kommt auf den Content an. Und ich komme aus der Telekombranche. Vor 15 Jahren hat es geheißen: Das Mobiltelefon wird das Festnetz umbringen. Stimmt nicht. Das Festnetz ist mittlerweile als Träger dieser Mobiltelefone wesentlich wichtiger geworden.

Das wird auch für das Glücksspiel gelten?
Ja, weil man das Spielvergnügen in einem Casino niemals mit jenem auf dem Handy vergleichen kann. Im Casino verbringt man zwei, drei Stunden. Spielt, geht essen, schaut sich die Leute an. Das kann das Onlinespiel nicht ersetzen.

Aber so argumentieren auch die Shoppingcenter-Betreiber, und am Ende kaufen trotzdem immer mehr bei Amazon und Co.
Aber mittlerweile investieren auch die großen Handelshäuser immer mehr in ihre Online-Applikationen. Das machen wir auch.

Zumindest in Wien, wo Spielhallen verboten worden sind, könnte Online-Gaming boomen.
Das haben wir immer gesagt: Wenn man das Glücksspiel verbietet, bleibt noch immer die Nachfrage. Diese wandert zu illegalen Automaten. In Wien gibt es 600 bis 700, und es werden noch viel mehr. Oder sie wandert in den Onlinebereich, der ebenfalls bis dato wenig reguliert ist. Ein Verbot bringt also gar nichts. Man muss versuchen, dass Ganze in eine regulierte Bahn zu bringen. In Wien lässt man die Spielsüchtigen allein. In anderen Bundesländern weiß man aufgrund der Registrierungspflicht zumindest, wie viel und wann jemand spielt, und kann damit gegensteuern.


Gibt es in unserer Gesellschaft zu viele Verbote?
Fragen Sie doch einmal einen österreichischen Politiker, ob er sich traut, ein Alkoholverbot auszusprechen. Ich habe immer mehr das Gefühl, dass man den Menschen in diesem Land nicht zutraut, für sich selbst die Verantwortung zu übernehmen. Wenn ich mir die Schweiz ansehe, die ihren Bürgern sehr viel Verantwortung gibt, dann ist das wohl der bessere Weg.

In der Schweiz gibt es also nicht mehr Spielsüchtige?
Sicher nicht. Ich habe zwei Jahre in der Schweiz gelebt und hatte den Eindruck, dass die Menschen dort sehr vernünftig sind. Der erste Gedanke eines 18-Jährigen ist zu sparen, um sich eine eigene Wohnung leisten zu können. Bei uns habe ich das Gefühl, dass einem der Staat suggeriert: Du brauchst dich um nichts kümmern, ich übernehme alles. Und ich sage dir auch, was du darfst.

In Österreich glauben auch die wenigsten, dass man sich mit eigener Arbeit etwas schaffen kann. Die Frage, wie man hierzulande reich wird, beantworten die meisten mit Erbe oder Lottogewinn.
Das ist eine falsche Einstellung. Außerdem hat irgendjemand einmal den Grundstein für ein Erbe gelegt. Und der hat gearbeitet.


Dass mehr Menschen glauben, durch Glücksspiel früher reich zu werden als durch Arbeit, müsste Sie doch freuen.
Das zu glauben, ist eine Illusion.


Aber diese Illusion ist doch Ihr Geschäftsmodell.
Ich weiß, dass die Leute aus zwei Gründen spielen: aus Vergnügen, aber auch in der Hoffnung auf Gewinn. Aber wenn sie etwa in Holland ins Casino gehen, sehen wie sehr viele ältere Damen. Die spielen aus Vergnügen, um Leute zu treffen, aber sicher nicht, um reich zu werden.

Der soziale Aspekt ist in Automaten-Casinos doch eher zu vernachlässigen. Die einzige Interaktion, die dort stattfindet, ist jene zwischen Mensch und Maschine.
Nein, da bin ich nicht Ihrer Meinung. In unserem Casino im Prater gab es definitiv auch viele Gruppen, die sich unterhalten haben, die Kaffee getrunken haben. Ich bin davon überzeugt, dass auch die Spielhallen in Wien Kommunikationszonen waren. Deshalb gehen die Leute jetzt wetten: weil sie Freunde treffen und etwas trinken.

Spielhallen werden aber nicht als Orte der Begegnung wahrgenommen, sondern vielmehr als Schandflecken. Schön sind diese Etablissements, die ganze Straßenzüge schmücken, ja nicht gerade.
Das ist schon richtig, das ist sicherlich ein Problem. Deshalb waren wir immer für eine andere Lösung. Aber in Wien war eben genau dieses „Kammerlsystem“ gesetzlich vorgeschrieben. In Deutschland wird ab 2018 eine Abstandsregelung in Kraft treten. Da darf innerhalb eines gewissen Abstands keine zweite Spielhalle sein. Man kann dieses Problem nämlich nicht mit Verboten lösen, sondern mit klaren Regelungen. Bei uns wird jetzt eben illegal gespielt.

Novomatic

Die Novomatic Group mit Sitz im niederösterreichischen Gumpoldskirchen erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 3,8 Milliarden Euro (plus neun Prozent gegenüber 2013) und erzielte einen operativen Gewinn (EBIT) in Höhe von 417 Millionen Euro. Damit konnte das Ergebnis um 67 Prozent gesteigert werden.
Der Konzern beschäftigt 23.000 Mitarbeiter, davon etwa 1300 in Niederösterreich. Novomatic ist in 80 Ländern der Welt tätig.
Am Mittwoch eröffnete Novomatic ein Casino in Gibraltar. In Österreich hofft Novomatic auf die positive Entscheidung für zwei Casino-Lizenzen in Wien und Bruck/Leitha.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2015)

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