Justiz: Hypo-Haftung als Untreue?

Die Staatsanwaltschaft prüft, ob die Milliardenhaftungen für die Hypo strafbar sind. Es wird gegen unbekannte Täter ermittelt.

Wien. Mit dem geplanten Vergleich zwischen Österreich und Bayern soll zwar die große zivilrechtliche Auseinandersetzung um die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria beigelegt werden. Strafrechtlich ist die milliardenteure Rettung des Instituts aber noch nicht ausgestanden. Wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auf Anfrage der „Presse“ bestätigt, wird geprüft, ob mit der Übernahme von Haftungen im Ausmaß von 1,2 Mrd. Euro für die Hypo eine strafbare Untreue begangen worden ist. Ermittelt wird laut WKStA zurzeit gegen unbekannte Täter; theoretisch kommen leitende Beamte oder die damals zuständigen Finanzminister in Betracht, erst Josef Pröll, dann Maria Fekter (es gilt die Unschuldsvermutung).

Den Stein ins Rollen brachte der „Griss-Bericht“. Die Untersuchungskommission unter Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss hatte im Dezember 2014 kritisiert, dass die Vertreter der Republik beim Kauf der Hypo von der Bayern LB im Jahr 2009 nicht sorgfältig genug vorgegangen seien. Weder die Stärke des Verhandlungspartners noch Alternativen seien ausreichend geprüft worden. Eine Sachverhaltsdarstellung anonymer Anzeiger vom 27. März 2015 stellte daher den Verdacht der Untreue durch Pröll (VP) und Staatssekretär Andreas Schieder (SP) in den Raum.

Gestern erhielt nun der für die Anzeiger einschreitende Anwalt Gustav Walzel die knappe Auskunft: Die WKStA habe von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen, weil kein Anfangsverdacht bestehe.

Hypo-Kauf ad acta gelegt

Grund laut „Presse“-Recherchen: Die WKStA sah das Vermögen der Republik durch den Kauf der Hypo-Anteile nicht unmittelbar verringert – also keinen Schaden. Zwar hat sich der Staat damals mit einem Euro einen Riesenberg Probleme eingehandelt; die Politiker argumentierten aber, dass sie nur so noch größeren Schaden abwenden konnten. Die Notverstaatlichung war übrigens schon Gegenstand eines früheren Ermittlungsverfahrens, das 2011 eingestellt wurde.

Aktuell geprüft wird aber die Besicherung von Forderungen und Verbindlichkeiten der Hypo durch die Republik. Es geht einerseits um eine Haftung für notleidende Kredite aus dem Jahr 2009 über 100 Millionen Euro, die 2010 auf 200 Millionen aufgestockt wurde; andererseits um eine Bundesgarantie für die Emission einer Nachranganleihe in Höhe von einer Milliarde Euro zur Kapitalstützung.

Ob die Republik überhaupt Opfer einer Untreue sein kann, wurde bisher noch von keinem Gericht entschieden (in Deutschland sehr wohl, und zwar positiv). Ungeklärt ist auch, ob Haftungen bereits einen Schaden ausmachen; wirtschaftlich gesehen ist allerdings eine Haftung, die schlagend zu werden droht, einem Kredit vergleichbar, dessen Rückzahlung ungewiss ist. Und eine Vermögensgefährdung dergestalt, dass ein Bankmanager einem Schuldner ohne Bonität und Sicherheiten einen Kredit gewährt, ist in der Rechtsprechung als Schaden anerkannt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2015)

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