Wirtschaftspolitik: ÖVP will der neuen ÖBB-Reform nicht zustimmen

(c) APA (Roland Schlager)
  • Drucken

Im Rahmen der Reform müsse auch die Wirtschaftlichkeit der Infrastrukturprojekte überprüft werden. Nächste Woche will Infrastrukturministerin Doris Bures die entsprechende Gesetzesnovelle in den Ministerrat einbringen.

Wien (höll/jaz). In der Regierung ist ein Streit um die ÖBB-Reform ausgebrochen. Nächste Woche will Infrastrukturministerin Doris Bures die entsprechende Gesetzesnovelle in den Ministerrat einbringen. „So wie es derzeit aussieht, werden wir nicht zustimmen“, sagte ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier im „Presse“-Gespräch. Er habe Bures in der Vorwoche einen Brief geschrieben und um einen Gesprächstermin gebeten. Die Ministerin habe aber nicht einmal geantwortet. „So kann man mit einem Regierungspartner einfach nicht umspringen“, kritisiert Maier.

Mit dem neuen Gesetz will Bures die ÖBB effizienter machen. Um Doppelgleisigkeiten zu beseitigen, sollen die unter der ÖBB-Holding angesiedelten Aktiengesellschaften reduziert werden. Gestrafft wird auch die Zahl der Vorstände und Geschäftsführer von 22 auf 14. Damit wird eines der wichtigsten Reformvorhaben von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) teilweise rückgängig gemacht.

Bures hatte in der Vergangenheit erklärt, das Vorhaben sei mit dem Koalitionspartner abgestimmt. Maier sieht die Sache anders. „Wir haben uns auf eine neue Struktur geeinigt. Doch dann hat Bures vor Journalisten ein anderes Organigramm präsentiert“, meint der ÖVP-Verkehrssprecher. „Wer glaubt, dass mit der neuen Struktur die Bahn saniert wird, irrt sich gewaltig.“

Milliardenloch Koralmtunnel

Der ÖVP-Verkehrssprecher verlangt erneut, dass im Zuge der ÖBB-Reform auch die Wirtschaftlichkeit der Schieneninfrastrukturprojekte überprüft werde. Handlungsbedarf sieht er beispielsweise beim Koralmtunnel, der Milliarden verschlingt. „Auf der einen Seite muss die Bahn sparen, auf der anderen Seite wird viel Geld für wenig sinnvolle Projekte ausgegeben. Müssen wir uns jeden Bahnkilometer um jeden Preis leisten?“ Der Koralmtunnel war vom damaligen Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) während der schwarz-blauen/orangen Koalition durchgesetzt worden.

Die Infrastrukturministerin zeigte sich über die Ankündigung von Maier „äußerst verwundert“. „Es hat mit der ÖVP eigentlich eine Übereinkunft gegeben, dass wir eine effizientere und schlankere Bahnstruktur brauchen. Diese Reform hat mit der Wirtschaftlichkeit von Infrastrukturprojekten nichts zu tun“, so Bures. Und auch die Ausgaben für den Bahnausbau – inklusive Koralmtunnel – seien mit ÖVP-Chef und Finanzminister Josef Pröll akkordiert. Dieser habe im Ministerrat dem ÖBB-Rahmenplan zugestimmt. Die ÖBB ist ihrer Meinung nach ein zu wichtiges Unternehmen, um damit „herumzublödeln“.

Streit auch beim Postmarkt

Differenzen gibt es auch beim Postmarktgesetz, das den liberalisierten Postmarkt ab 2011 regeln soll und ebenfalls nächste Woche in den Ministerrat sollte. Vor allem die Umrüstung der Hausbrieffachanlagen, die den Post-Konkurrenten Zugang ermöglichen soll, sorgt für Probleme. Hierbei ist sich aber auch die ÖVP intern uneinig. Die Wirtschaftskammer wünscht sich eine möglichst schnelle Umrüstung, der Post-Eigentümer Finanzministerium plädiert indes für längere Fristen. Bures sieht sich dabei als „Moderatorin“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Gueterzuege
Österreich

2008 wurden mehr Güter auf der Schiene transportiert

121,6 Millionen Tonnen rollten im Jahr 2008 über Österreichs Schienen, um gut fünf Prozent mehr als noch 2007. Allein im letzten Quartal ging die Transportleistung leicht zurück. Die ÖBB beförderte um 1,5 Prozent mehr.
BURES
Österreich

Bures gibt Jobgarantie für Eisenbahner

Die ÖBB habe nicht zu viel Mitarbeiter, ist SPÖ-Infrastruktur-Ministerin Doris Bures überzeugt. Sie hält auch an den Großprojekten Brenner- und Koralmtunnel fest, denn die ÖBB seien noch lange nicht konkursreif.
Österreich

ÖBB-Güter: „Wir erwarten ein Minus von 20 Prozent“

INTERVIEW. Güterverkehrschef Friedrich Macher will 150 Mio. Euro einsparen.
Österreich

Neue ÖBB-Struktur: Zwei Firmen und acht Chefs weniger

Die ÖBB wird "zurückgebaut": Aus den fünf Gesellschaften werden drei, von den 22 amtierenden Geschäftsführern behalten 14 ihren Job. Denn derzeit sind bis zu vier Firmen für einen einzigen Zug zuständig.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.