Gusenbauer im Hypo-Ausschuss: „Sind Sie des Lesens mächtig?“

HYPO-U-AUSSCHUSS: GUSENBAUER
HYPO-U-AUSSCHUSS: GUSENBAUER(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Alfred Gusenbauer hat die Hypo 2009 beraten – als Bundeskanzler hatte er aber wenig Kontakt mit der späteren Pleitebank.

Wien. Wenn ein ehemaliger Bundeskanzler im Untersuchungsausschuss auftritt, sorgt das nicht nur für Zündstoff, sondern auch für eine äußerst hitzige Atmosphäre. Wie schon Wolfgang Schüssel, so lieferte sich auch sein Nachfolger, Alfred Gusenbauer, im Hypo-U-Ausschuss in einem sehr selbstbewussten Auftritt etliche Wortgefechte mit den Abgeordneten. „Sind Sie des Lesens mächtig?“, schleuderte er einem Abgeordneten entgegen. Oder: „Denken Sie über Ihre Frage genau nach, und Sie werden einen inneren Widerspruch entdecken.“

Die aufgeheizte Stimmung, die die Vorsitzende, Doris Bures, auch schon einmal zu einer Sitzungsunterbrechung veranlasste, stand aber im diametralen Gegensatz zur Bedeutung des Zeugen in der Hypo-Causa. In seiner Amtszeit hatte er praktisch gar nichts mit der Hypo zu tun. Ein Abendessen mit Hypo-Chef Wolfgang Kulterer, an das sich dieser vor allem wegen der hohen Weinrechnung erinnerte, war da schon der Höhepunkt. Beim Essen ging es übrigens um mögliche Änderungen der Gesetzeslage für Stiftungen.

Auch Gusenbauer selbst sah keinen Anknüpfungspunkt an die Hypo, er habe auch kein Sparbuch dort. Denn: „Ich besitze ein metallenes Sparschwein der Bank Austria.“ Nicht einmal bei der früheren Gewerkschaftsbank Bawag will sich Gusenbauer eingemischt haben: „Der ÖGB mischt sich gern bei der SPÖ ein, will aber nicht, dass sich die SPÖ beim ÖGB einmischt.“

Eine Verbindung Gusenbauers zur Hypo gab es doch, allerdings erst nach seiner Amtszeit als Bundeskanzler. 2009 hielt er einen mit 18.000 Euro honorierten Vortrag bei einer Hypo-Veranstaltung. Und im selben Jahr, als die EU-Kommission ein Beihilfeverfahren wegen der staatlichen Unterstützung für die Hypo einleiten wollte, bekam er von der Bank einen Beratervertrag.

Treffen mit Strache

Was dessen genauer Inhalt war, blieb auch in der Befragung vage. Er habe der Bank bei der Beantwortung von 250 Fragen der EU-Kommission geholfen und wirtschaftliche Analysen gemacht, so die Antwort. Laut seinem Leistungsverzeichnis hat sich Gusenbauer hauptsächlich mit Politikern wie dem damaligen Finanzstaatssekretär, Andreas Schieder, aber auch mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache getroffen. Und er hat in Brüssel lobbyiert – bei wem genau, wollte er aber nicht verraten: Das sei ein Geschäftsgeheimnis. Die Verstaatlichung sei bei der Beratung jedenfalls kein Thema gewesen.

Zu Beginn der Sitzung gab sich Gusenbauer übrigens ungewohnt kamerascheu: Aufnahmen im Sitzungssaal verweigerte er. Das ist nach der neuen Verfahrensordnung möglich, da man so nicht in der Öffentlichkeit stehende Zeugen wie die „kleine Sekretärin“ vor den Medien schützen wollte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2015)

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